„The Royal Tenenbaums“ (#) von Wes Anderson. USA, 2001. Gene Hackman, Anjelica Huston, Gwyneth Paltrow, Ben Stiller, Owen Wilson, Luke Wilson, Danny Glover, Bill Murray
Die Tenenbaums aus New York haben bessere Zeiten gesehen: Paps ein rühriger Anwalt, (Adoptiv-)Töchterchen ein zukünftiger Stern am New Yorker Theaterhimmel, Söhnchen Nummer eins ein zukünftiger Stern am Wirtschaftshimmel, Söhnchen Nummer zwei ein zukünftiger Stern am Tennishimmel. Dann eines Tages verläßt Paps die Familie, weil er Mom einmal zu oft betrogen hat, und von nun an geht’s bergab. Töchterchen kommt mit der Karriere nicht voran, versackt lieber in der drögen Ehe mit einem drögen Therapeuten und in einer halbherzigen Affäre mit ihrem Sandkastenfreund von früher. Söhnchen Nummer eins verliert die Gattin beim Unfall und flüchtet sich seitdem in einen Sicherheitswahn, der allerdings sein berufliches Fortkommen entschieden einschränkt. Söhnchen Nummer zwei erleidet auf dem Tennisplatz einen Nervenzusammenbruch und flüchtet sich seitdem in die Liebe zu seiner Schwester. Eines Tages finden sich alle wieder im Elternhaus ein, auch Paps, der sich wieder die Liebe seiner Frau und seiner Kinder erschleichen will. Zwar heiratet die Gattin umgehend einen anderen Mann, doch die Kinder finden wieder Anschluß, und bis zu Paps‘ Tod wächst man doch ein wenig zusammen.
Natürlich ein Familienfilm der etwas anderen Art, dafür steht schon der Name Wes Andersons, der bereits mit „Rushmore“ die US-Szenerie um eine hinreißende Facette bereicherte und seinen Vorlieben mit diesem neuen Werk voll und ganz treu geblieben ist: Skurrilste Geschichten aus Amerikas verstecktem Alltag, eine Ansammlung aller erdenklicher Verrücktheiten, Spinnereien, Träumereien, angereichert mit liebevoller Sympathie, deftigem Slapstick, grotesker Situationskomik und einer herzhaften Mißachtung des sogenannten guten Geschmacks. Alle Schauspieler, und diesmal hat Anderson ja bereits Leute aus der ersten Riege verpflichten können, sind mit hingebungsvollem Engagement und ebensoviel Spaß dabei, niemand ist sich zu schade für Entstellungen (von Gwynnie Paltrow bleibt durch einen simplen Makeuptrick gar nichts mehr übrig – ihr Gesicht besteht tatsächlich wohl nur aus den Augen!) oder für exzentrische Kostümierung (Ben Stiller mit seinem roten Adidasanzug!) und alle genießen vermutlich die Möglichkeit, einfach mal wieder nach Herzenslust herumzualbern und zu übertreiben. Andersons changiert geschickt zwischen den emotionalen Extremen, mal geht's heiter und närrisch, mal tragisch und ernst, und man weiß nie, wie ernst es Anderson und wirklich ist mit seinen Betrachtungen des Familienlebens, der ganzen Lügen, der Enttäuschungen, der verflogenen Hoffnungen, der Ängste, der heimlichen Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Da hier fast gar nichts normal, seriös oder irgendwie halbwegs solide ist, darf man annehmen, daß es mit dem Ernst nicht sehr weit her ist. Gut so, denn schon länger habe ich an einem amerikanischen Film nicht mehr soviel Spaß gehabt wie an diesem, und wenn’s nach mir geht, kann Anderson gerne so weitermachen, dann haben die da drüben wenigstens einen, der mal ein bißchen Anarchie und Subversion in die spießige, konservative Technomaschinerie streut, und genau so einen haben die ganz ganz nötig. (16.3.)