„Was tun, wenn’s brennt?“ von Gregor Schnitzler. BRD, 2001. Til Schweiger, Martin Feifel, Sebastian Blomberg, Nadja Uhl, Matthias Matschke, Doris Schretzmeier, Klaus Löwitsch
Das war einst, als die Mauer noch stand, als Berlin-West noch eine Insel war, als Kreuzberg noch ein gefährliches Pflaster für Bullen war, als die Barrikaden standen, Steine flogen, Pisse regnete, Wasserwerfer rauschten, Knüppel knallten, Rio Reiser oder die Fehlfarben gespielt wurden und an jeder Wand ein anderer Slogan zu lesen stand. Die Gruppe 36 gehörte zur autonomen Widerstandsszene, drehte eigene agitatorische Filme und bastelte auch mal ein Bömbchen nach eigener Hausmischung. Eines dieser Bömbchen geht nun aber erst zwölf Jahre verspätet hoch und plötzlich wird allerhand wieder nach oben gespült, ein zäher Bulle der alten Schule verbeißt sich in die Sache, und die alten Kämpfer längst in alle Winde zerstreut, müssen sich, erst widerwillig, noch einmal zusammen raufen, um das ganze alte Belastungsmaterial aus der Welt zu schaffen.
Ein richtig hemmungslos nostalgischer, lauter, gut gelaunter Film über Berlin einst und heute, über Freundschaften einst und heute, über Ideale einst und heute. Je nachdem, wie man im einzelnen zu solchen Themen steht, wird man den Film möglicherweise platt, klischeehaft, verlogen oder sonstwas finden, und natürlich wird etwas viel posiert, wirken manche Accessoires allzu gewollt und gut plaziert im Bild aufgehoben, ist die Story an sich haarsträubend unrealistisch und nicht sehr tiefgründig, und ist und bleibt Til Schweiger ein doofer Kerl und sehr mittelprächtiger Schauspieler, der auch als Ex-Punk noch so schnieke aussieht wie jedes Armani-Model. Dafür sind aber die anderen Schauspieler umso besser, und außerdem mag ich das Thema einfach, mag den kindischen Revoluzzertouch, so naiv und so deplaziert er in unserer durch und durch unrevolutionären Zeit auch vielleicht ist, mag die Idee, daß sich die alten Freunde nach über zehn Jahren und mittlerweile stark divergierenden Biografien noch einmal zu einer konzertierten Aktion aufraffen. Der eine ist in der Justiz gelandet, der andere ein Arschloch von einem Werbemanager, eine Frau ist einfach Mama geworden, eine andere driftet schön und viel begehrt mit dem Jet Set. Nur zwei sind in der Szene geblieben, haften aus unterschiedlichen Motiven noch an den alten Zeiten, trauern jenen Jahren hinterher, da sie glaubten, in Berlin ganz groß werden, etwas erreichen zu können. Sie wurden aber rechts überholt, eingemauert und eingeseift vom neuen Hauptstadtfieber nach der Wiedervereinigung, und anders als ihre etablierten und angepaßten Freunde waren sie weder fähig noch willig sich mit den Verhältnissen zu arrangieren, Klaus Löwitsch als schön knurriger alter Polizist ist das Äquivalent auf der Seite des Gesetzes, natürlich auch er ein Klischee und gar nicht neu, aber auch er ein Vergnügen anzuschauen. Zwischen den Leuten brechen dann allerhand Spannungen wieder auf, kommen alte Gefühle und neue Mißverständnisse hoch, und da geht es dann einfach darum, wie sich die Leute und damit ihre Freundschaften verändern und manchmal auch in Luft auflösen können. Es bleiben verklärte Erinnerungen, romantische Momente und der vage Gedanke, daß man sich vielleicht doch die ganze Zeit über etwas vorgemacht hat, aber der Film vertieft nicht sonderlich viel davon, er gibt ein paar Anstöße, spricht ein paar Dinge an, kurz und knapp, aber immerhin so prägnant, daß man sie wahrnimmt und darüber später nachdenken kann. Es ist für meinen Geschmack einfach ein Film bei dem der Ton stimmt, das Gefühl, das flotte Timing, die gut plazierten Gags und auch die stillen Augenblicke. Man schwelgt ein bißchen mit und hat viel Spaß, und zu guter Letzt wird endlich mal ein Traum vieler vieler Spontis wahr, denn endlich mal kriegt die Bullerei den Wasserwerfer in die Fresse, die volle Dröhnung, und wie lang hat man darauf warten müssen? (18.2.)