„Y tu mamá también“ (#) von Alfonso Cuarón. Mexiko, 2001. Maribel Verdú, Gael Garcia Bernal, Diego Luna

Zweimal Mexiko ganz kurz hintereinander, zwei Seiten einer Medaille und ein neuerlich verblüffender Beweis dafür, auf wie verschiedene Arten man auf ein Land schauen kann. „Amores perros“ – der harte, brutale Großstadtfilm, „Y tu mamá también“ – die brillant witzige (aber nicht leichtgewichtige!) Komödie, die aufs Beste gelungene Mischung aus Roadmovie und Erotiksatire, zwei Filme, die Welten voneinander entfernt zu sein scheinen, aber im Grunde doch nahe beieinander liegen.

Das hier ist die ultimative Verarschung des großen lateinamerikanischen Machismo: Julio und Tenoch sind zwei spätpubertierende Kumpel im echten Sinne: Man zieht zusammen um die Häuser, erzählt sich alles, vergleicht Schwanzlängen und wichst um die Wette. Man bumst auch die Freundin des anderen, aber das erzählen sie sich erst etwas später, egal. Dann brechen die Tussis zur Europareise auf, und die Weltuntergangsstimmung ist auf beiden Seiten nur gespielt – alle sind froh, daß sie sich los sind und daß sie nun so richtig loslegen können, die Mädels drüben in Italien, die Jungs daheim in Mexiko-Stadt. Und als sie dann die schöne Luise kennenlernen, die mit einem einfältigen Blödmann verheiratet ist und von dem nach Strich und Faden betrogen wird, wittern sie ihre Chance. Sie nehmen sie mit auf eine lange Reise ans Meer, wo sie wider Erwarten auch tatsächlich landen, doch dort ist dann alles schon ganz anders als zuvor.

 

Die erste Hälfte des Films ist zum Wiehern komisch und ich habe mich lange nicht mehr so blendend amüsiert. Rasante Dialoge und genialer Witz über diese beiden Jungs, mental eigentlich noch kleine Kinder, hormon- und schwanzgesteuert, Maulhelden comme il faut, deren einzig ernsthaftes Interesse darin liegt, es allen möglichen Bräuten so richtig zu besorgen, so viel wie möglich zu kiffen und ganz allgemein Spaß zu haben. In diese ebenso schlichte wie unschuldige Welt platzt Luisa, eine etwas ältere, herzzerreißend schöne und erfahrene Frau, die die Jungs auf ihre Weise ausnutzt, zum einen um Rache zu nehmen an ihrem Gatten, zum anderen, um sich noch ein paar schöne Lebenstage zu machen, denn was wir erst ganz am Schluß erfahren: Sie hat Krebs und wird nicht mehr lange leben. Dieser jähe Stimmungsumschwung in den letzten zehn Minuten wird dadurch komplettiert, daß die zuvor unverbrüchliche Freundschaft der beiden daran zerbricht, daß sie eines nachts im Rausch offensichtlich miteinander geschlafen haben oder zumindest etwas ähnliches, was ihre Machoeitelkeit  natürlich zutiefst kränkt und bewirkt, daß sie einander nicht mehr in die Augen schauen können. Einmal treffen sie sich noch, danach nie wieder, ein jähes, unerwartetes und auch recht trauriges Ende einer Jungenfreundschaft, die viele Prüfungen übersteht, aber diese eine, an sich ganz banale, eben nicht. Vielleicht lächerlich, aber auch tragisch. In diese Sinne ist dies also zusätzlich auch ein Film über das Ende der Jugendzeit, oft behandelt auf die eine oder andere Weise, hier mit sehr viel Gefühl und Sympathie, denn bei aller Albernheit, Blödheit und Stumpfsinnigkeit sind die beiden natürlich im Grunde sehr feine Kerle, mit denen sich jeder männliche Zuschauer ganz insgeheim zumindest ein Stück weit identifizieren könnte, wenn er’s denn zugeben könnte, weswegen sich in das brüllende Gelächter immer auch das Lachen des Wiedererkennens mischt, für mich eigentlich das schönste Lachen. Ganz nebenbei geht’s auch quer durch Mexiko, sieht man einiges vom Land und seinen Leuten, gibt es ein paar freche Sprüche über Politik, Korruption und die Machenschaften der oberen Zehntausend, kurz, es ist dies ein Film, der famose Unterhaltung, zum Teil sehr anregende Erotik und ganz wunderbare Komik mischt mit launigen Gesellschaftsbildern und vielen Betrachtungen über Männer und Frauen im Macholand. All das schwungvoll dargeboten, prima gespielt, wie gesagt mit Feingefühl betrachtet – und vor allem: Viel Spaß hat es gemacht! (2.7.)