28 days later (#) von Danny Boyle. England, 2002. Cillian Murphy, Naomie Harris, Megan Burns, Christopher Eccleston, Brendan Gleeson

   Der wilde Englishman Danny Boyle hat sich diesmal einer sehr hübschen alten Genretradition verschrieben, nämlich dem apokalyptischen Horrorfilm, und der geht seit jeher so: Der hochmütige Mensch erkennt seine Grenzen nicht, wagt sich zu hoch hinaus, spielt leichtsinnig und anmaßend mit dem Feuer, oder aber er verliert ganz einfach die Kontrolle über irgendwelche Versuche und Experimente, und was eigentlich als Forschungsreihe im Dienste der Menschheit gedacht war, entwickelt sich alsbald zu einer veritablen Bedrohung für die Existenz derselben. Die Geister, die ich rief, oder so ähnlich. Manchmal kommen dann Riesenmutationen dabei heraus, Spinnen etwa, Ameisen oder sonstiges Getier, manchmal verwandeln sich auch die Menschen selbst in reißende Unwesen, manchmal, allerdings auch nur bei Woody Allen, schwabbelt eine milchvergießende Riesenbrust über Land und macht den Helden den Garaus.

   Danny Boyle, fürwahr ein wilder Kerl, hat das ganz klassisch aufgezogen: Mit irgendeinem Virus infizierte Schimpansen werden von eifrigen Tierschützern befreit, entgegen der verzweifelten Warnung eines Aufsehers, der ihnen erklärt, daß jeglicher Kontakt mit infiziertem Blut in kürzester Zeit den Betroffenen in einen rasenden Amokläufer verwandelt. Aber nein, der Mensch ist dumm geboren, und also muß er büßen: 28 Tage nach dem Vorfall hat sich die britische Insel in eine Wüste verwandelt, die von umherziehenden Zombies beherrscht wird, und in der sich nur wenige nicht infizierte Überlebende gehalten haben. Vier von ihnen brechen von London in Richtung Manchester auf, wo sie eine rettende Armeeeinheit vermuten. Sie treffen tatsächlich auf eine solche, doch der Alptraum will kein Ende nehmen, und nur drei der vier werden überleben, allerdings mit berechtigter Hoffnung auf eine Zukunft.

 

   All dies wird ganz ernst und straight und mit sehr modernen technischen Mitteln vorgetragen, sprich mit wackelnder Kamera und orgiastischen Computerschnitten, die die zahlreichen brutalen Gewaltszenen ein wenig erträglicher machen, weil man eigentlich kaum etwas klar sehen, sondern eher nur ahnen kann. Aber natürlich strahlt der Film eine enorme, bedrückende Düsternis aus, eine sehr dichte und beängstigende Beklemmung, weil man einfach stets und ständig darauf gefaßt sein darf, daß plötzlich ein brüllender, kreischender Mutant von irgendwo ins Bild bricht und grausiges Unheil verbreitet. Dabei setzt Boyle weitgehend auf ganz unverblümt drastische Effekte, aber er hat sich auch sehr viel Mühe mit dem Design gegeben und damit, eine echte Weltuntergangsatmosphäre zu schaffen, und vor allem die unwirklichen Bilder eines total menschenleeren London, der verlassenen Autobahnen, der leergefegten Rasthäuser, Siedlungen, Supermärkte, sorgen für viel Verstörung. Die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut und verliert sich bis zum Ende nicht mehr, und die Schauspieler sind wirklich vorzüglich und können sich sehr gut gegen die ganze Effektshow behaupten. Ob hinter dem finsteren Spektakel nun irgendeine Aussage über die selbstzerstörerische Ader der Menschen steckt oder vielleicht eine Warnung vor rücksichtslosem Umgang mit dem Leben und der Umwelt im Ganzen sei dahingestellt. Dies ist auf jeden Fall ein sehr gekonnt, sehr eindringlich und hochspannend inszenierter Genrefilm für die nicht ganz so zart besaiteten Gemüter unter uns. Und der Boyle, sagte ich das schon, das ist wirklich ein ganz wilder Typ, oder? (29.6.)