L’auberge espagnole (#) von Cedric Klapisch. Frankreich/Spanien, 2002. Romain Duris, Judith Godrèche, Cécile de France, Kelly Reilly, Christina Brondo, Audrey Tautou, Frederico d’Anna, Barnaby Metschurat

   Wer’s bislang noch nicht zur Kenntnis hat nehmen wollen, nach solch einem Film weiß er es spätestens auch: Europa, oder der Teil, den man allgemein für wichtig hält (der westliche nämlich), ist auf einem guten Weg in Richtung einer offenen, lockeren, vor allem jungen, multikulturellen Gesellschaft, die deshalb leistungsfähig ist, weil bis dato hemmende nationale Stereotypen und Vorurteile und Chauvinismen keine Rolle mehr spielen: In der bewußten Erasmus-WG im sommerlichen Barcelona sammeln sich junge Leute jedweder sexueller und sonstiger Präferenzen aus England, Frankreich, Spanien, Deutschland, Dänemark, Belgien, um gemeinsam zu studieren und Spaß zu haben, und für unseren jungen französischen Helden Xavier wird dieses Jahr der Durchbruch in der Entwicklung seiner Persönlichkeit, denn endlich lernt er zu wissen, was er wirklich möchte und dies auch durchzusetzen, und also quittiert er den trockenen Bürojob noch am ersten Tag, reißt sich das Hemd vom Leib, hockt sich vor die Schreibmaschine und beginnt seine neue Existenz als Schriftsteller, so, wie er es sich schon als Kind erträumt hat. Plötzlich fühlt er sich in völlig neuen kulturellen und sozialen Bezügen, er fühlt sich nun als Europäer, fühlt sich als ein Teil all dieser jungen neuen Europäer, und überhaupt trägt Klapisch an dieser Stelle ein wenig unangenehm dick auf, denn auch ohne diesen pathetischen Appell an die Jugend dieses Kontinents hätten wir die Absichten des Films wohl verstanden und wären mit Sicherheit lieber bei der lustigen Ironie geblieben, die den Film bis kurz vor Schluß ausmacht.

 

   Vor allem überzeugt Klapisch auch dieses Mal durch seinen unkonventionellen Charme, seinen frechen Witz und seine Liebe zum Menschen. Die Regie hat Tempo, bringt auch auf visueller Ebene viele gute Gags ein, und nimmt den ganzen Europaklüngel weitestgehend nicht ganz so ernst. In der Zeichnung der meisten WG-Bewohner bleibt er ganz an der Oberfläche, was ich schon mal bedauert habe, und so müssen wir mit den amourösen Schwierigkeiten Xaviers vorliebnehmen, wo uns vielleicht auch noch die anderen interessiert hätten. Auch ist es natürlich sehr löblich und korrekt, sich von den gewohnten nationalen Klischees abzugrenzen, doch ein wenig mehr interkulturelle Spannung hätte es schon sein dürfen in dieser Zweckgemeinschaft, die aus sich heraus leider nur wenig Spannung und Farbe entwickeln kann. Aber dafür kriegt man zwei Stunden fast durchgehend frisch und witzig servierte gute Laune, aufbereitet von einem, der auf diesem Gebiet Ahnung hat, der Komödien mit Charme und Stil machen kann, und dem seine offensichtliche Begeisterung über Europa (zum Glück) nur ganz selten mal im Weg steht. Ein netter Film, der in diesem unwirtlichen Winter eigentlich fast ein wenig fehlbesetzt wirkt. (17.12.)