Okay (#) von Jesper W. Nielsen. Dänemark, 2002. Paprika Steen, Troels Lyby, Ole Ernst, Nikolaj Kopernikus, Molly Blixt Eglind, Laura Drasbæk, Jesper Christensen

   Mit gänzlich konträren Erwartungen schlichen mein Mitstreiter und ich also an diesem sündhaft warmen Sommerabend in den mangelhaft klimatisierten Kinosaal, um dem Kommenden ins Auge zu blicken. Der eine erhoffte sich einen weiteren schönen dänischen Film in der Tradition von „Italienisch für Anfänger“ oder „Open hearts“, der andere, gewarnt durch eine reichlich negative Kritik in einer seriösen Zeitschrift, befürchtete seichte Unterhaltung auf TV-Niveau im trügerischen Arthouse-Gewand. Neunzig Minuten später trafen wir uns ungefähr in der Mitte: Dies ist sicherlich kein neuer „Italienisch für Anfänger“ und auch kein zweiter „Open hearts“ (obgleich inhaltlich verwandter), aber ganz so schlimm wie andererseits angenommen ist es ebenso wenig.

   Ein paar Tage im Leben einer Kopenhagener Stadtneurotikerfamilie: Töchterchen pubertiert und leidet an der unvermeidlichen Zahnklammer, Mama zerreißt sich an allen Fronten (Beruf, Haushalt, Familie), will alles allen recht machen und scheitert unweigerlich auf breiter Linie, Papa kommt als angehender Schriftsteller nicht richtig auf die Beine, weil er sich nicht traut, Bruderherz ist schwul und hat sich darob mit Opa entzweit, der wiederum eines Tages die fatale Diagnose erfährt, daß er an Leukämie leidet und nur noch drei Wochen zu leben habe. Flugs nimmt ihn die wie immer schuldbewußte Tochter bei sich auf und tritt damit allerhand los – es kommt zu Betrügereien, Trennungen, ausgesprochenen Wahrheiten, schmerzhaften Einsichten, aber auch Versöhnungen. Am Schluß ist Opa mit einiger Verzögerung gestorben, der zwischendurch untreue Ehemann wieder daheim, der schwule Bruder angehender Papa (als Samenspender für ein lesbisches Paar) und die ständig unter Strom stehende, immer um alles und jedes besorgte und sich für alles und jedes zuständig fühlende Mama hat vielleicht endlich kapiert, daß sie doch nicht die ganze Welt retten kann, sondern höchsten sich selbst.

 

   All dies wird vorgetragen von wie immer wunderbar entspannt spielenden Darstellern und inszeniert mit Charme und Schwung, gemischt aus komischen und ernsteren Elementen und im Ganzen eben ein wenig glatter und gefälliger als die mittlerweile gern und viel gescholtenen Dogma-Filme, die durch ihren kargeren, direkteren Stil mehr Intensität und Emotionalität erreichen. Hier ertönt nach alter Tradition, wenn’s gefühlig werden soll, melodiöse, moderne Popmusik, auch da, wo man den Moment vielleicht mal ganz in Ruhe festhalten, ihn nachklingen lassen möchte und bestimmt keinen Stimmungsverstärker benötigt. Das gibt der ganzen Sache einen etwas konventionelleren Anstrich als nötig, macht ihn natürlich auch allgemein kompatibler, und hier ist es dann eben eine Frage der Erwartungen, wie man das sieht. Immerhin bezeugt der Film sehr viel Liebe und Nähe zu seinen Figuren, bekundet ihnen allen jederzeit uneingeschränkte Solidarität und ruft dadurch selbst zu Toleranz und Verständnis auf etwa in der Richtung, daß ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sein müsse und die Lebensentwürfe und Entscheidungen der anderen respektieren solle, sofern da niemandem weh getan wird. Alles bleibt schließlich eher auf der leichten Seite, ohne allerdings auch die schweren Momente zu verleugnen oder zu verharmlosen. Ein schöner, netter, liebenswürdiger Film, aber keiner, der so lange wirkt wie die besten dänischen Werke der letzten Jahre. Okay eben. (10.8.)