Verschwende deine Jugend von Benjamin Quabeck. BRD, 2003. Tom Schilling, Nadja Bobyleva, Robert Stadlober, Jessica Schwarz, Dieter Landuris, Marlon Kittel
Die kurze Geschichte von Harry, seines Zeichens Banklehrling und nebenberuflich Musikmanager, dessen Traum es ist, einmal die D.A.F. nach München in den Zirkus Krone zu holen, erstmal um die Musik überhaupt in die Stadt zu holen, die bislang in Sachen NDW Entwicklungsland war (wir schreiben das Jahr 1980!), und zum anderen um seine eigene Band Apollo Schwabing als Vorgruppe zu lancieren und ihr endlich die Publicity zu verschaffen, für die sie sich schon lange abrackert.
Eigentlich hat der Film doch alles, was er braucht: Eine klassisch wirkungsvolle und vielfach erprobte Story mit Versatzstückchen aus Abenteuer, Romanze, Drama und Komödie um junge Leute in ihrer Zeit, die gegen alle möglichen Widerstände um die Verwirklichung ihrer Träume und Ideale kämpfen. Die grundsätzliche Liebe zur Musik einer bestimmten Epoche und ihrer Lebensart. Einen bewährten Jungregisseur („Nichts bereuen“, der viel besser ist als der Film hier) und eine Handvoll sehr guter und ebenfalls mehrfach bewährter Jungschauspieler. Warum also bin ich mit dem Resultat dennoch nicht so recht glücklich?
Erstens – dafür kann der Film an sich noch nicht mal was – waren für mich die frühen Achtziger in Bezug auf Musik ein einziges schwarzes Loch, und die ganze Neue Deutsche Welle sowieso und D.A.F. mit ihrem monotonen Gehämmer erst recht. Somit fehlt mir schon rein gefühlsmäßig der Bezug, der Wille zur Identifikation.
Zweitens fehlt ihm deutlich, vor allem im Vergleich zu anderen, ähnlichen Werken, der Ansatz zu stimmigen Milieuschilderungen, das München der frühen Achtziger wird zu keiner Zeit faßbar, die realen Lebenshintergründe der Hauptpersonen bleiben vage, als Zuschauer kann man nicht richtig Fuß fassen.
Drittens werden die Möglichkeiten der Schauspieler zu wenig genutzt. Tom Schilling, den ich schon sehr viel besser gesehen habe, ist den ganzen Film hindurch seltsam verkrampft und blaß, und auch Leute wie Robert Stadlober können sich nicht richtig entfalten, weil ihnen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Viertens erscheinen viele Personen klischeehaft oder überzeichnet. Der forsche junge Banker Harry unternimmt zwar allerhand abenteuerliche Dinge bis hin zum Bankeinbruch, doch glaubwürdig ist er dabei fast nie. Seine Freundin Lena, von der wir beim besten Willen nicht verstehen können, wieso sie überhaupt seine Freundin geworden ist, repräsentiert den Typus „betroffene Ökotussi“, redet vom NATO-Doppelbeschluß oder ähnlichen kryptischen Dingen und hat ansonsten mit resignierter Duldermiene auf ihren viel beschäftigten Harry zu warten. Von den anderen Bandmitgliedern erfahren wir leider zu wenig, um ermessen zu können, was sie letztlich zu dieser Art von Musik hingezogen hat.
Ganz allgemein bleibt der Film zu oberflächlich und flüchtig. Er ist zweifellos unterhaltsam und nett gemacht, flott im Tempo, gekonnt in der Darstellung, aber einerseits fehlt ihm jeglicher Tiefgang, um als ernsthaftes Porträt einer Epoche gelten zu können, und andererseits ist er bei weitem nicht komisch genug, zum einfach als nette Zeitkomödie durchzugehen. Alles in allem also doch eine leichte Enttäuschung, mit der ich unter diesen Voraussetzungen nicht gerechnet habe. (13.7.)