The Lord of the Rings – The Return of the King (Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs) von Peter Jackson. Neuseeland/England/USA, 2003. Elijah Wood, Ian McKellen, Viggo Mortensen, Sean Astin, Liv Tyler, Miranda Otto, Orlando Bloom, Bernard Hill, John Rhys-Davis, Billy Boyd, Dominic Monaghan, Hugo Weaving, Ian Holm, Andy Serkis, Cate Blanchett

Die Reise geht nun also zu Ende, die Gegner haben all ihre Kräfte gebündelt zur letzten großen Schlacht Gut gegen Böse, zur Schlacht um Mittelerde, und während der gewaltige Kampf um die letzte Festung der Menschen, Minas Tirith, wütet, plagen sich Frodo, Sam und der undurchsichtige Gollum vor durch steiniges, wüstenähnliches Ödland gen Mordor, wo der fatale Ring endlich im Feuer des Schicksalsberges enden soll. Eine ganze Menge Leid und Prüfung steht unseren Helden bevor, bis endlich die Gemeinschaft des Ringes wieder vereint ist, der dunkle Sauron vernichtet, Aragorn zum neuen König gekrönt und mit der nun menschlich gewordenen Arwén vermählt und die Hobbits wieder glücklich daheim im geliebten Auenland ankommen. Dort allerdings müssen sie dann erfahren, daß sich Frodo zusammen mit Gandalf und den Elben einschiffen und Mittelerde für immer verlassen wird, denn nach allem, was er gesehen und erlebt hat, kann das Leben für ihn nicht mehr sein wie zuvor.

Erneut entfesselt Peter Jackson einen ungeheuer dynamischen Mahlstrom, reißt er uns mit in einen Wirbelsturm der Ereignisse, gönnt er seinen Helden und uns keinen Moment der Ruhe, der Besinnung, entfaltet er niemals gesehene Bilder, beschwört er immens intensive Emotionen, schafft er zahllose unvergeßliche Momente und Tableaus. Solches Filmwerk hat man noch nie erlebt und man wird es wohl auch nie wieder erleben, das ist völlig klar und unzweifelhaft. Wie in allen drei Filmen ist das Tempo wahrlich atemberaubend, doch hier liegt, wie ich es zuvor vor allem auch im ersten Teil bemerkte, der vielleicht einzige greifbare Kritikpunkt der Trilogie – das rastlose Vorwärtsstürmen hindert uns leider manches Mal daran, in bestimmten Situationen noch etwas zu verweilen, ihnen nachzuspüren, sie zu vertiefen, oder nur uns zu sammeln in Erwartung der nächsten Sensationen. Natürlich, über neun Stunden Spielzeit sind eine lange Strecke, doch ich glaube, man hätte auch mit eins, zwei weiteren Stunden kein Problem mehr gehabt, umso weniger, als sich Jackson wirklich als grandioser Geschichtenerzähler und Dramaturg beweist. Wie er im zweiten und dritten Teil die zwei hauptsächlichen Handlungsstränge parallel führt und in beiden die Spannung ständig steigert, wie er uns von eine Geschichte wieder hinüber in die andere reißt und wie er unsere Emotionen ständig so unglaublich eng im Griff hat, unseren Adrenalinspiegel auch über drei, sechs, neun Stunden ununterbrochen auf höchstem Level hält, das ist eine Meisterleistung von enormem Ausmaß, und niemand soll dahergehen und behaupten, der Mann könne nur große Materialschlachten schlagen, weit gefehlt. Aber er hätte sich in einigen Momenten einfach noch ein bißchen Zeit und Muße lassen können und der Eindruck wäre im Ganzen noch abgerundeter, noch vollendeter. Man klebt an den Gesichtern an den Bildern von fantastischen Landschaften und Geschöpfen und man will noch mehr, will nicht unbedingt immer gleich weiter gehetzt werden. Na gut. Das andere sind die vor allem im letzten Teil natürlich vermehrt hörbaren feierlichen Parolen von Königstreue und Heldenmut im Angesicht des Todes in einem gerechten Krieg Gut gegen Böse. Wir lesen genau die gleichen Parolen selbstverständlich bei Tolkien auch, doch das Buch hat eben jene fünfzig Jahre auf dem Buckel, in denen sehr viele Dinge geschehen sind, die uns heute so etwas mit sehr gemischten Gefühlen hören lassen. Auch hier geht mit Jackson ab und an mal das Temperament durch, er übernimmt die etwas archaische Schwarzweißgesinnung Tolkiens unkritisch eins zu eins, auch wenn die Zeiten heute eigentlich anders sein sollten. Na ja, so sind Märchen eben.

Sonst aber begeistert dieser Film mit den gleichen Stärken wie die beiden anderen – großartige Schauspieler, großartige Bilder und eine großartige Handlungsführung. Vor allem die Szenen mit Frodo und Sam in Mordor sind von faszinierender Eindringlichkeit, und tatsächlich kann ich Elijah Wood in diesem letzten Teil auch wirklich sehr, sehr gut finden, so wie er den Frodo spielt. Die ausführlichen Schlachtereien sind Geschmackssache, der Horrorfreak Jackson kann sich noch einmal tüchtig austoben und tut dies auch, doch alles ist atemberaubend laut, aufregend und mitreißend. Das vielfach beschworene überkitschige Ende fand ich übrigens auch gar nicht so kitschig, zumal hier Jacksons fieberhafte Eile einmal zum Guten wirkte, denn er hat eben auch keine Zeit, um echten Kitsch aufkommen zu lassen.

 

Alles in allem ist diese Trilogie sicherlich eins der grandiosesten Unternehmen der ganzen Filmgeschichte – ohne Übertreibung. Ich finde das vor allem deshalb, weil es sich hier nicht um eine kalte, protzige, lärmende Technoschau handelt, sondern um ein Projekt, in dem ungemein viel Herzblut steckt, Herzblut von allen Beteiligten, und man spürt es in jeder Szene. Die Schauspieler verausgaben sich bis zum letzten, geben alles, identifizieren sich voll und ganz mit Tolkiens Welt, was der gesamte technische und gestalterische Stab geleistet hat, ist sowieso der schiere Wahnsinn, und Peter Jacksons visuelle Fantasie versetzt selbst einen Kinogänger, der schon viel gesehen hat, in fast kindliches Staunen. Man saugt jede Szene in sich auf, taucht ein in jede Landschaft, berauscht sich an all den Einfällen, verschwindet für drei mal drei Stunden ganz aus dem Alltag. Ich persönlich bin für Fantasyfilme in der Regel nicht sonderlich empfänglich, bevorzuge im Gegenteil ansonsten viel eher Alltagsgeschichten, aber was Jackson hier geschaffen hat, begeistert mich bestimmt ebenso sehr wie andere, die schon lange Tolkien- oder Fantasyfans waren. Was der Mann aus dieser literarischen Vorlage gemacht, wie er sie in Bilder umgesetzt, wirklich zum Leben erweckt und für unsere Augen faßbar gemacht hat, verdient allerhöchsten Respekt, und wenn er von der Hollywoodakademie dafür nicht ausgezeichnet wird, gehört der Verein nur noch gesprengt. (Nachtrag 2.3.: Doch, er wurde ausgezeichnet, elf Mal sogar, und obwohl mir der Oscar ansonsten scheißegal ist, muß ich diesmal sagen, daß jeder einzelne verdient ist.) Noch mehr kann ein Regisseur nicht leisten, und für Jackson selbst bedeutet dies natürlich auch, daß er dieses Werk wohl nicht mehr toppen kann, also fragt man sich doch, was er als nächstes vorhat. Man wird ihn, genau wie viele der Schauspieler, sicherlich noch lange mit diesen Filmen identifizieren, aber das macht auch dieses Mal nichts, denn sie alle haben großartige Arbeit geleistet, niemand hätte das besser machen können und niemand, da bin ich mir ganz sicher, wird sie jemals auf diesem Gebiet noch übertreffen. (21.1.)