La grande séduction (Die große Verführung) von Jean-François Pouliot. Kanada, 2003. Bruno Blanchet, Raymond Bouchard, David Boutin, Rita Lafontaine, Lucie Laurier, Pierre Colin, Benoît Brière

   Zum Jahresausklang noch mal ein richtig echtes nettes gutes Feelgoodmovie, was fürs Herz und für das Harmoniebedürfnis und überhaupt. Kanadischer Frohsinn (hätte auch irischer oder englischer oder sonstwas sein können) in feinster Reinkultur, eine zauberhafte Komödie, die vom Aufeinanderprallen städtischer und ländlicher Kultur erzählt, vom drohenden Zerfall ländlich-traditioneller Lebensweise und von dem unbändigen Erfindungsreichtum, der es den sogenannten kleinen Leuten schließlich doch noch gestattet, dem sogenannten Fortschritt ein Schnippchen zu schlagen.

   Die Männer von Sainte-Marie-La-Mauderne (was für ein Name!) brauchen die Fabrik für Plastiktöpfe, weil sie als Fischer längst nicht mehr existieren können und nun jeden Monat beim süßen Mädchen von der Post anstehen und ihre Stütze kassieren. Nur: Die Fabrik kommt nur nach Sainte-Marie, wenn ein Arzt vor Ort ist, aber: Welchem auch nur halbwegs vernünftigen Menschen sollte es schon in den Sinn kommen, alle Zelte abzubrechen, um ausgerechnet im allerhintersten Winkel Québecs seßhaft zu werden? Das wissen die Leute dort natürlich auch, und nun schmieden sie ebenso geniale wie aufwendige und abenteuerlichen Pläne, um doch noch einen Mediziner in ihr Netz zu kriegen, und wie der Zufall es so will, landet eines Tages tatsächlich ein ahnungsloser Großstädter aus Montreal an der Fischerküste, um alsbald zum Zielobjekt einer beispiellosen Kampagne zu werden.

 

   Das muß man im weiteren nicht in allen Details beschrieben, man muß es vielmehr genießen, und zum reinen Genuß ist auch dieser Film entstanden, der hinreißende Bilder der wunderschönen Küstenlandschaft verbindet mit ebenso hinreißendem Humor, mal auf der etwas derberen, mal auf der subtileren Seite, aber immer mit viel Herz und Charme, ganz genau wie das fabelhaft gut gelaunte Darstellerteam, in dem keine Stars auffallen, sondern in dem das Miteinander aller zählt. Selbstverständlich darf man sich des guten Ausgangs der ganzen Sache von Anfang an sicher sein, aber darauf kommt es nicht an, auch nicht darauf, daß man dergleichen mit gewissen Variationen sicherlich schon gesehen hat, und was stört’s mich, wenn es doch wieder Spaß macht, so wie hier? Mit viel Gefühl für skurrile Typen, treffsichere Gags und auch ein paar Zwischentöne setzt der Regisseur die ebenso simple wie tolle Story in Szene, spielt genüßlich all jene Situationen aus, die das verdienen und betont besonders zu Beginn und am Schluß den eher märchenhaften Charakter der Erzählung, die sich zugleich selbst unentwegt auf die Schippe nimmt und dennoch mit Anstand über menschliche Würde sprechen kann. Ich fand das alles große Klasse, habe mich bestens amüsiert und denke, daß dies ein wirklich feiner und gelungener Abschluß eines mal wieder ziemlich langen Filmjahres ist. (29.12.)