Le cœur des hommes (Die Herzen der Männer) von Marc Esposito. Frankreich, 2003. Gérard Darmon, Jean-Pierre Darroussin, Bernard Campan, Marc Lavoine, Ludmilla Mikael, Fabienne Babe, Zoé Félix, Florence Thomassin, Catherine Wilkening

   Über Männerherzen kann man doch eigentlich nur Kurzfilme machen, oder? Das andere Geschlecht will uns ja immer gern die Abwesenheit dieses Körperorgans attestieren, aber davon lassen wir Jungs uns doch nicht ins Boxhorn jagen. Vor allem die Franzosen haben immer mal wieder sehr hübsche und mitfühlende, und wie bei Claude Sautet auch mal meisterhafte Filme über Männer und ihre Befindlichkeit gemacht (wobei einer der witzigsten ausgerechnet von einer Frau, nämlich Coline Serreau stammt!), und dieser hier setzt die Tradition fort, kombiniert auf sehr französische Weise Ernsthaftigkeit mit Humor, Charme und Ironie. Vier gutbürgerliche, etablierte Freunde tauschen sich über ihre alltäglichen und nicht so alltäglichen Sorgen und Wehwehchen aus: Der erste, Alex, ein Geschäftsmann und Familienvater auf ständigen Abwegen, ein Seitensprung folgt dem nächsten und die Gattin zu Hause, ständig mißtrauisch, kann ihm nichts nachweisen. Der zweite, Manu, ein Ladenbesitzer und ein ganz netter Mann, noch Single mit Familienvergangenheit, lernt unverhofft eine neue Frau kennen und lieben. Der dritte, Jeff, ebenfalls getrennter Ehemann und Geschäftspartner von Alex kurz vor dem Sprung in eine neue Beziehung mit einer sehr jungen Frau, dessen Tochter heiratet und anläßlich der Hochzeit wünscht, er möge doch mit seiner Ex-Frau wieder ein versöhnlicheres Verhältnis pflegen.  Und der vierte, Antoine, der bislang solideste von allen, dem die Frau nun aber unter Tränen einen Seitensprung gesteht, woraufhin er ziemlich die Fassung verliert, von Zuhause flüchtet und durch seine kopflose Reaktion die zuvor etablierten, für alle recht bequemen Arrangements erst mal durcheinander bringt. Es gibt ein Männerwochenende im Spielcasino und am Strand von Cabourg, viele Telefonate und Hin und Her und schließlich ein großes Zusammenkommen unten in der Provence, wo Jeff sich nach seinem plötzlichen Ausstieg aus dem Geschäft niederlassen möchte, und wo die drei Jungs die Wiedervereinigung von Antoines Familie herbeiführen

 

   Von solchen Männerfreundschaften träumt man natürlich, aber bei genauem Nachdenken wird man vielleicht finden, daß es sie schon gibt, und daß es auch die eine oder andere Situation, so wie sie im Film vorkommt, schon im wirklichen Leben gegeben hat. Die Erkenntnis, die umgekehrt ja auch Frauen dauernd feiern, daß Männerfreundschaften durch keine Ehe oder sonstige Beziehung  zu ersetzen sind und auch nicht mit ihnen konkurrieren sollten, wird in diesem Film als ganz grundsätzlich vorausgesetzt und auch von den beteiligten Damen nicht in Frage gestellt. Man muß halt mit den Jungs leben und irgendwie klarkommen, ohne ganz die Kontrolle zu verlieren. Und abgesehen von Alex, der sich ziemlich dreist seine sexuelle Freiheit herausnimmt, läßt sich feststellen, daß die Frauen im Hintergrund das dominante Element im Leben der Männer sind. Das wiederum wissen die Männer im Grunde auch genau, und nur gelegentlich manchmal strampeln sie ein wenig dagegen an, ziehen sich trotzig in ihre Viererkumpanei zurück, treffen wenigstens die eine oder andere Entscheidung scheinbar unabhängig. Der Film ist sehr zärtlich und komisch, betrachtet die vier Jungs mit Sympathie und auch mit klarem Blick für ihre Schwächen und Macken und findet vor allem auch im Tagesgeschehen viele witzige, treffend beobachtete höchst unterhaltsam dargestellte Momente. Zwischen Büro, Lebensmittelladen, einem kurzen Café im Bistro nebenan und dem abendlichen Zusammentreffen mit der Familie tut sich wenig Spektakuläres, aber es macht trotzdem einfach Spaß, den wenig bekannten, dafür aber umso besser aufgelegten Darstellern zuzuschauen und den ebenso realistischen wie pointierten Gesprächen zuzuhören. Vielleicht kommen mir die Frauenrollen hier und da ein wenig verkürzt vor (der eine oder andere Männertraum mag ebenfalls dort seinen Widerklang gefunden haben), aber schließlich ist dies ein Film über Männer, und da ist es wohl erlaubt, wenn die Charaktere der holden Weiblichkeit ausnahmsweise mal ein wenig oberflächlicher bleiben. Ansonsten empfindet Marc Esposito hervorragend den auch über größere Zeitdauer noch immer unangestrengten Erzählfluß nach, so daß man auch gern noch eine Stunde länger ohne ein Gefühl der Langeweile zugeschaut hätte, und hier liegt die Kunst solcher Filme, die ein gleichberechtigtes Ensemble ohne eine oder zwei zentrale Hauptfiguren so handhaben, daß eine perfekte Balance entsteht und man als Zuschauer gern, bewegt und amüsiert Anteil nimmt. (21.5.)