The Incredibles (Die Unglaublichen) von Brad Bird, USA, 2004

   Was tut man nicht alles den lieben Kleinen zuliebe – ja, auch im Kino. Nicht nur wohnt man den immerhin noch real vorgelebten Abenteuern vom lustigen Wunschpunktmännchen und der hinlänglich bekannten besenschwingenden Girliehexe bei, nein, man erträgt sogar noch gottergeben die verschiedenen Pixelergüsse aus den einschlägigen Hollywoodcomputerküchen, die sich da drehen um schleimige Grünmonster, allerhand große und kleine Fische und noch  mehr vielbeiniges Krabbelgetier, man erträgt’s ungefähr so wie das automatisch dazu gereichte Fast Food, mit einem Schmunzeln und leidlich gut amüsiert, unter dem Strich jedoch einem Sättigungsgefühl, das sich nach spätestens einer Stunde verflüchtigt hat. Das ist das wahre moderne Leben, und niemand, der seine Gören nicht wie Kaspar Hauser aufzuziehen gedenkt, wird ihm ausweichen können, und ach Gott ja, es ist auch ganz okay so.

   Dieses Weihnachtszuckerwerk nun hat mich sogar ein kleines Bißchen mehr gereizt als die Vorgänger, weil endlich mal nicht irgendwelche niedlichen Tierkreationen im Mittelpunkt stehen, sondern Menschen (wollte ich gerade „wirkliche Menschen“ sagen?) Supermenschen zwar nur, aber immerhin, man nähert sich der Gattung langsam an. Und warum auch nicht, schließlich sind die Möglichkeiten der Computeranimation unbegrenzt, wirklich alles geht, und was einst sündhaft teure Tricks erforderte, kommt hier und heute einfach aus dem Rechner. Was später auch die weitere Vermarktung für die Elektroindustrie vereinfacht.

   Diese Supermenschen also (das sind Mr. Incredible, Elastiegirl, Mr.Frozone und Konsorten) erleben irgendwann in den Sechzigern oder so eine große Blütezeit, als ihre unbegrenzten Kräfte im Dienste von Recht und Ordnung tagtäglich die Menschheit oder zumindest einen Teil davon retten und sie sich großer öffentlicher Popularität erfreuen. Dann aber wird ruchbar, daß ihre spektakulären Aktionen zugleich sündhaft teuer sind und die öffentlichen Kassen arg belasten. Fortan ist es mit dem strahlenden Prestige vorbei, die Superhelden werden in eine billige, bürgerliche Existenz abgedrängt, wo sie nun inmitten vieler mittelmäßiger Vorstadtmenschen ihr mittelmäßiges Vorstadtdasein fristen. Mr.Incredible alias Bob Parr, der mit dem feschen Elastiegirl eine fünfköpfige Familie eröffnet hat, leidet unter dem eintönigen Bürotrott besonders. Er kann, anders natürlich als seine Gattin, diese neue Identität nicht annehmen, spioniert heimlich mit dem alten Kumpel Frozone den Polizeifunk aus, um wenigstens ab und zu mal einen kleinen Adrenalinschub zu genießen, und zwingt die Familie mit regelmäßigen Temperamentsausbrüchen immer wieder zu unfreiwilligen Umzügen. Dann aber wird er unversehens doch noch einmal in eine ganz große Sache verwickelt, die sich zu einer echten Bewährungsprobe für Superhelden ausweitet, und angesichts übel drohender Gefahr pellt sich auch die flexible Gemahlin noch mal in den hautengen Anzug, und dann sind da ja auch noch die Kinderchen, die Mom & Dad in nichts nachstehen. Wir erinnern uns kurz an dieser Stelle: Der Nukleus der US-amerikanischen Identität ist und bleibt die Familie!

 

   All dies ist eine fast zwei Stunden lange enorm rasante Achterbahnfahrt, die jede der anwesenden Generationen auf eine ganz individuelle Probe stellt. Mammi und Pappi können testen, wie schnell ihre Sehnerven noch reagieren und wann der erste leichte Drehschwindel einsetzt, die jüngeren Kids zwischen sechs und neun müssen versuchen, der Handlung irgendwie zu folgen, und die älteren und cooleren Kids müssen zusehen, daß sie auch noch den einen oder anderen Kick abkriegen. So ist ein jeder auf seine Weise beschäftigt, aber der Film macht trotzdem ganz schön viel Spaß. Die Story ist halbwegs sorgsam aufgebaut, die Action turbulent und virtuos arrangiert, die kleinen satirischen Anspielungen und Hommages an all die bekannten und beliebten Klischees und Genretypen sind eher was für die Größeren, die ebenso unvermeidlichen Botschaften (à la „Wir schaffen es, wenn wir alle zusammenhaltern“ oder dergleichen) kommen nicht ganz so dick und penetrant rüber wie gewöhnlich, und wer seinen Hintern nicht gerade in einem Berg Popcorn geparkt hat (die Chancen dazu stehen allerdings nur bei etwa 25%), wird den Saal angenehm beduselt und berauscht verlassen. Mir persönlich hätten die Figuren etwas mehr Charakter, sprich ein paar mehr Gesichtszüge haben können – sie sind arg glatt und konturlos, aber das ist sicherlich auch gewollt (Kindchenschema einerseits, vielleicht auch ein Hauch Satire andererseits), und die Abteilung Großspektakel hätte sich von mir aus auch ein wenig zurückhalten können (dann aber wären die Coolkids mit Sicherheit gar nicht erst ins Kino gekommen), doch ansonsten fand ich’s auch spannend und irgendwie unterhaltsam. Als Nichtinhaber von Kindern hat man sicherlich wenig Gründe, sich so was anzutun, wer aber diese Option nicht mehr hat, ist mit diesem Film deutlich besser bedient, als mit der ganzen rührseligen Tier- und Monsterkacke, die sonst so über die heimischen Leinwände pixelt. (12.12.)