Kill Bill Vol. 2 (#) von Quentin Tarantino. USA, 2003. Uma Thurman, David Carradine, Michael Madsen, Daryl Hannah
Ich gebe zu, daß es angesichts meiner wütenden Tirade über den unglaublich beschissenen ersten Teil wenig konsequent erscheint, wenn ich mir jetzt doch den zweiten anschaue, aber erstens hatte ich einen toten Fortbildungsabend im Sauerland zu gestalten, zweitens dachte ich so bei mir, gut, wie war das noch mit dem „A“- und „B“-Sagen, und drittens bot die Kinolandschaft in Siegen aktuell keine wirklichen Alternativen, also dann rin in die Bude und abgewartet, was Uma Thurman in den zweiten hundert Minuten würde erleiden müssen bzw. wie viele Gegner sie noch halbieren würde.
Und siehe da, ich war doch halbwegs angenehm überrascht festzustellen, daß dieser zweite Teil so übel eigentlich gar nicht ist. Hauptursache für das deutlich mildere Urteil ist die weitgehende Abwesenheit der zuvor so unmäßig aufgetischten Brutalität. Natürlich gibt es auch hier noch das eine oder andere unschöne und eklige Detail, und nach wie vor ist zu konstatieren, daß Tarantinos Weltbild grundsätzlich makaber, sadistisch und irgendwie kindlich zu sein scheint, aber diesmal überwiegt seine Liebe zu Kinogenres und zum üppigen Zitat, und also erleben wir eine lange Abfolge von Hommages, hauptsächlich an den Italowestern, dann auch mal an alte Schwarzweißmelodramen oder an knallbunte Kung-Fu-Filme. Wenn er sich mal nicht in gemeinen Blutigkeiten suhlt, ist der Mann ja vor allem ein Kinofan und als solcher erst mal sympathisch. „Jackie Brown“ war bislang der einzige Film, der diese Leidenschaft in halbwegs erträglichem Maße transportierte, also auch für solche, die nicht gerade ihre Kicks aus Brutalohorror beziehen. Wie war das neulich – ich hörte, wie sich zwei Kids auf der Straße unterhielten. „He, hasse schon Kill Bill Teil zwei gesehen?“ – „Ja, Mann, iss aber nich so geil, weil nich so viel Äktschn iss wie im erssn.“ Das ist eben der andere Teil Tarantinos, der sich an die Kids richtet, an die Gewaltjunkies, die auch noch drauf abfahren, wenn mit Gewalt Schabernack getrieben wird, so wie Tarantino es gern tut.
Wo war ich eigentlich? Ach ja, hier wird also erzählt, wie unsere Racheheldin Uma Thurman mit Bill abrechnet, und vorher noch mit den beiden letzten aus seiner Gang. Daryl Hannah hat eine besonders prima Rolle, David Carradine ebenfalls, und allgemein richtet Tarantino seinen Darstellern hier viel mehr Platz ein, weil das Spektakel nicht so dominant ist. Uma Thurman spielt wirklich brillant, einerseits mit vollem Ernst und Gefühl, andererseits immer mit dem kleinen bißchen Selbstironie, die mit dem Zuschauer kommuniziert und ihn stets daran erinnert, daß alles nur Spiel und nicht ganz so ernst gemeint sein soll. Man kann sich natürlich fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, dreieinhalb Stunden Kino zu fertigen, das praktisch nur aus Versatzstücken anderer Filme zusammengepuzzelt ist. Oder ob das besonders kreativ ist. Vielleicht ist Tarantino der zweite Teil ganz gut gelungen, meinetwegen, aber deshalb handelt es sich dennoch um wenig mehr als nur eine Zitatensammlung. Gut gespielt, keine Frage, mit starken Typen und ein paar markanten Augenblicken (ich rede wohlgemerkt vom zweiten Teil!), aber unter dem Strich und mal ganz nüchtern betrachtete doch nur geklaut. Die Rachegeschichte, sowieso dünn genug, hat man vielleicht weniger exzessiv schon x-mal erlebt, die Rache einer bis an den Rand des totalen Masochismus geschundenen Kreatur, die sich dann auch noch bei einem alten Meister in die Geheimnisse des Kampfsports einweihen läßt, bis sie eine letztlich unbesiegbare Maschine geworden ist, nur eben mit der Persönlichkeit einer Uma Thurman, die aus der Maschine einen Menschen macht. Einem Eastwood oder Schwarzenegger wäre das natürlich nicht gelungen. Und ein Racheschinken klassischen Zuschnitts hätte die Geschichte auch nicht so zerhackt und zerbröselt erzählt, sondern straight und linear, aber das ist dann wohl das postmoderne Element, für das Tarantino so gern und überschwenglich gepriesen wird. Mit persönlich ist Postmoderne piepegal, ich habe mich dieses Mal ganz passabel unterhalten, meine Magennerven mußten nicht zwischendurch mal raus, und die nervtötende Infantilität des ersten Teil ist hier auch zum großen Teil getilgt, aber von einem Meisterwerk oder so würde ich nun wahrlich nicht sprechen, denn dazu gehört meiner Meinung nach mehr als das Zusammenklauben von Genremotiven und Musikklischees, und wenn’s auch noch so liebevoll gemeint und gekonnt gemacht ist. (10.5.)