Comme une image (Schau mich an!) von Agnès Jaoui. Frankreich, 2004. Agnès Jaoui, Jean-Pierre Bacri, Marilou Berri, Laurent Greville

   Es gibt sie also doch noch – gottseidank – die beredten, lebhaften, geistreichen französischen Gesellschaftskomödien, die lange Zeit  unverrückbar fest auf unserem Kinospeiseplan standen und nun in den letzten Jahren plötzlich zu einer seltenen und schon deshalb kostbaren Delikatesse geworden sind. Das heißt nicht, daß sie heute besser sind als früher – man sieht sie nur viel weniger häufig. Das heißt nun wiederum nicht, daß die Franzosen so was gar nicht mehr produzieren – unsere Kinos zeigen’s bloß nicht mehr, wieso und weshalb, ist das leidige alte Thema und muß jetzt wirklich nicht von neuem aufgewärmt werden. Ich jedenfalls war schon immer sehr unglücklich über diese Entwicklung, weil mir die französischen Filme von jeher besonders am Herzen lagen, sehe auch sehr wenig Aussicht auf Besserung und habe somit gelernt, den traurigen Zustand als gottgegeben hinzunehmen (obwohl, dieses Jahr geht’s sogar, denn dies ist schon der siebte Franzosenfilm).

   Das bewährte Autorenpaar Jaoui und Bacri nimmt sich diesmal die Pariser Künstlerclique vor, zwei Schriftsteller, um genauer zu sein, die sich anfreunden, wodurch es schließlich auch zu einer Vermischung ihres jeweiligen Umfeldes und damit ihrer jeweiligen Problemchen kommt. Vor allem Cassard, der ältere und bekanntere, hat so einige davon, hauptsächlich eine halbwüchsige Tochter aus erster Ehe, die von ihm ausgesprochen lieblos und gleichgültig behandelt wird, die im Gegenzug seine hübsche junge zweite Frau nicht akzeptiert, ihre Pummeligkeit beklagt, als Sängerin reüssieren möchte, aber lange braucht, bis sie endlich ihren Weg findet. Als es dann soweit ist, muß sich Papa ein paar unbequemen Wahrheiten stellen, und die kriegt er nicht nur von der Tochter, sondern auch von der Gattin und einigen Freunden zu hören, denn im Grunde ist er nichts weiter als ein egozentrischer, selbstgefälliger Macho, der glaubt, all seine Launen einfach an der Umwelt auslassen zu können.

 

   An äußerer Handlung tut sich zwischen Chorproben, Familienszenen, Essengehen und diversen kulturellen Events  in der Stadt bzw. dem Wochenendquartier auf dem Land relativ wenig, auch das Tempo ist manchmal ein wenig zu verschleppt, mithin liegt das Hauptgewicht auf Begegnungen, Auseinandersetzungen, Dialogen. Hier entfalten Jaoui und Bacri natürlich wieder ihre Kunst und die ist wahrlich nicht geringzuschätzen, denn die beiden haben schon anderes im Sinn als nur leichtgewichtige, kurzlebige Komödienkost, sie haben ihren ganz eigenen Humor, der zwar nicht unbedingt für Brüller im Sekundentakt sorgt, dafür aber wesentlich subtiler und gehaltvoller ist. Sehr geschickt dosieren sie die Emotionen, mal kommen sie bissig und satirisch daher, mal still und einfühlend, die hinreichend bekannten Intellektuellenmachos werden treffsicher aufs Korn genommen, ebenso launische und nicht ganz ehrliche Damen, der Kulturbetrieb mit all seiner Heldenverehrung und Oberflächlichkeit im Ganzen und allerhand sehr menschliche Schwächen im präzisen Detail. Das macht nicht immer nur Spaß, ist manchmal auch ziemlich nachdenklich und stets ein Stückchen sperriger als der gefällige Mainstream, das genau macht aber Jaoui und Bacri aus, die hier übrigens auch als Schauspieler glänzen, deshalb möchte man sie sehen, und so betrachtet erfüllen sie mit ihrem neuen Film zumindest meine Erwartungen vollauf. (1.12.)