The Company (#) von Robert Altman. USA, 2003. Neve Campbell, Malcolm McDowell, James Franco, Barbara Robertson, William Dick, Marilyn Dodds Frank, David Gobert, Susie Cusack
Länger habe ich mit mir gerungen, ob oder nicht ich diesen Film überhaupt ansehen soll. Einerseits – ein Ballettfilm, ist nicht mein Fall, diese exaltierte, eitle, gestelzte Welt der Poseure. Andererseits – ein Robert-Altman-Film, und das sollte natürlich dann etwas ganz anderes sein, denn wer außer ihm verstünde sich besser darauf, gerade solch ein Milieu angemessen satirisch und scharfzüngig unter die Lupe zu nehmen. Altmans Ensemblefilme sind zu recht berühmt, und überhaupt ist dieser alte Knacker, der nun stramm auf die Achtzig zueilt, ungeachtet aller Untiefen in seiner sehr langen und auch quantitativ reichhaltigen Karriere noch immer einer der wenigen US-Regisseure, deren Filme stets Beachtung und Interesse verdienen, und beides in der Regel (wie gesagt, Ausnahmen gibt es durchaus...) rechtfertigen.
Aber bereits in den letzten drei, vier Filmen hat man merken können, daß Altmans berühmt-berüchtigter Biß allmählich nachläßt, und gerade jetzt in dieser Ballettgeschichte vermisse ich ihn besonders. Diese Geschichte, die fast gar keine ist, kommt zudem so konventionell und oberflächlich daher, daß ich eigentlich erwartet hatte, sie würden nur als Aufhänger für die gewohnten Spitzen und Bosheiten fungieren, doch leider gelingen Altman nur mehr ganz kurze Schlaglichter, die andeuten, was hier vielleicht möglich gewesen wäre, mehr aber auch nicht.
Es geht kurz gesagt um ein Ballett in Chicago, und daraus wird eine der Tänzerinnen, Ry, ein wenig herausgehoben mit einigen Privatszenen über Familie und Beziehung, nichts Weltbewegendes, nichts aufregendes, und ganz nach Altmanscher Tradition ist der Film dann ganz plötzlich irgendwann zu Ende und man versteht, daß er nur einen beliebigen Ausschnitt aus dem Alltag der Tanzgruppe zeigen wollte und es ebensogut auch ein anderer hätte sein können. Malcolm McDowell kann als launischer, egozentrischer, exaltierter Chef hier und da mal glänzen, und Neve Campbell kann sehr überzeugend zeigen, daß sie mehr kann als nur in blöden Teenieklamotten erscheinen, aber sonst kommt wenig Spannung auf, auch kein menschliches Interesse, und nur selten erahnt man mal etwas von der besonderen Atmosphäre dieser Kunst, den ewigen Streß, die gegenseitige Konkurrenz, den Druck der Eifersucht, die extreme Kurzlebigkeit des Erfolgs – ein Achillessehnenriß, und die Karriere ist vorbei – und einiges mehr.
Es ist hier vielmehr so, daß die episodenhaften, locker eingeflochtenen Spielszenen den Hintergrund bilden für die Tanzsequenzen, und selbst wenn ich persönlich wahrlich kein Freund oder Kenner dieser Muse bin, muß ich schon zugeben, daß die wirklich spektakulär sind, sowohl was die Musik angeht als auch ihre Umsetzung, tänzerisch, optisch, mit großartigen Lichteffekten, fantastischen Kostümen und einer sehr expressiven Choreographie. Die Kameraarbeit in diesen Momenten ist einfach hervorragend, ein besonderer Genuß, und so kann man resümierend feststellen, daß dies ganz deutlich ein Film für Ballettfans ist und keiner für Altmanfans, es sei denn, man ist durch Zufall beides. Vielleicht hat Altman auf seine alten Tage plötzlich bemerkt, daß unter all den Genres, denen er bereits seine Ehre erwiesen hat, ausgerechnet noch kein Tanzfilm war und er dies nun eilig nachholen wollte, egal wie, er tritt als Regisseur mit einer ansonsten sehr dezidierten Handschrift (fast) ganz hinter die großartige Joffrey Ballettgruppe zurück, läßt ihr den Vortritt, und so kriegt man solch ein Resultat. Die fünf Euro habe ich nun auch nicht als Verschwendung betrachtet, es ist nur so, daß ich meine Ansprüche an künftige Altman-Filme sicherlich meinen letzten Erfahrungen anpassen werde. (14.6.)