Cold Mountain (Unterwegs nach Cold Mountain) von Anthony Minghella. England/USA/Rumänien, 2003. Nicole Kidman, Jude Law, Renée Zellweger, Eileen Atkins, Brendan Gleeson, Philip Seymour Hoffman, Ray Winstone, Donald Sutherland, Natalie Portman, Giovanni Ribisi
Der Herr Minghella hat uns mittlerweile doch eine recht ansehnliche Reihe schöner altmodischer Breitwandfilme kredenzt: Erst ein schönes altmodisches Melodram mit Juliette Binoche und Ralph Fiennes. Dann einen schönen altmodischen Krimi mit Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow. Und jetzt wieder ein schönes altmodisches Melodram, und wieder mit einer echten Traumbesetzung, denn natürlich sind Nicole Kidman und Jude Law nicht nur zwei schöne Leute, sondern auch zwei glänzende Schauspieler, die dem Film den nötigen Glamour geben, denn zu einem schönen altmodischen Melodram gehört auch Glamour, ganz klar. Umgeben werden die beiden von vielen anderen hervorragenden Schauspielern, und wenn man schon den Überlängenzuschlag berappen mußte, kann man sich dann aber auch mit berechtigter Erwartung genußvoll und mit angemessen reichlich Knabberzeug bewaffnet im Kinosessel fläzen und auf schöne Bilder, schöne Musik und viel viel Schicksal warten.
Natürlich enttäuscht uns Minghella nicht, sondern er serviert uns eine randvolle Kelle, eine große Liebes- und Sehnsuchtsgeschichte, die den ganzen amerikanischen Bürgerkrieg umspannt, die Geschichte zweier Königskinder, die durch den Krieg getrennt und erst ganz am Ende wieder vereint werden, leider nur für einen einzigen Beischlaf, denn danach wird er doch noch erschossen. Immerhin hat er es fertig gebracht, oben in der alten Cherokeehütte mit einem einzigen Versuch ein Kind zu zeugen, und so läuft das Ganze dann in ein etwas zu kitschig und blumig geratenes Finale aus, in dem sich die Überlebenden versammeln zu einer großen Familie und glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben. Nun, hier tut Minghella sicherlich ein wenig zu viel des Guten, zuvor jedoch hat er die Story fest um Griff, erzählt parallel davon, wie er sich mit aller Kraft den Weg zu ihr zurück erkämpft, und sie ihrerseits versucht, allein in Hunger und Not zu überleben. Gut, daß sie Hilfe von der patenten Renée Zellweger erhält, die in ihrer Rolle ein wenig zu plakativ auf burschikos getrimmt wurde, damit sie auch ja einen deutlichen Kontrast zur ätherisch schönen Nicole Kidman bildet. Im Ernst, wenn man nach vier Jahren Krieg, Entbehrung, Hunger und Not noch so berückend ausschaut wie diese Dame, dann kann von mir aus der nächste Bürgerkrieg kommen. Aber auch das gehört dazu – ein echtes schönes altmodisches Melodrama fragt nicht in jedem Detail nach Realitätsnähe und Glaubwürdigkeit, und wer diese Regel nicht akzeptiert, den wird dieser Film zweifellos an einigen Stellen ärgern.
Es wird also von zwei Menschen erzählt, die jeder für sich einen harten Kampf zu bestehen haben. Sie ist die verwöhnte Pfarrerstochter Ada aus dem mondänen Charleston, die sich unversehens in der Provinz wiederfindet und nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters ganz allein mit Hühnern, Gemüsebeeten und Kartoffeläckern zurandekommen muß, was ihr tatsächlich erst gelingt, als die handfest zupackende Landfrau an ihre Seite tritt. Er ist der wortkarge Inman, der wie alle jungen Männer aus der Gemeinde begeistert loszieht, um es den Yankees zu zeigen, und der wie alle jungen Männer überhaupt konfrontiert wird mit brutaler, verbissener Gewalt, fürchterlichen Gemetzeln und einem Land, das plötzlich durch Haß und wüste Grausamkeit entstellt wird, in dem sich niemand mehr seines Lebens sicher sein kann, in dem überall halb verhungerte, marodierende, verzweifelte Soldaten umherziehen und in dem gnadenlos Jagd auf Deserteure gemacht wird, weshalb Inman in ständiger Gefahr ist. Minghella zieht hier die Spannungs- und Schreckensschraube mitunter gehörig an, bebildert die Grauen des Krieges ziemlich plakativ, aber eben auch sehr intensiv und wirkungsvoll, ein bißchen so wie Ang Lee, der in „Ride with the devil“ ebenfalls die Auswirkungen des Bürgerkrieges auf das Land, auf das Leben der einfachen Menschen zeigt. Bilder von Blut und Gewalt werden dann kontrastiert mit wunderbaren Landschaftsimpressionen und weich gezeichneten Aufnahmen der Dame Kidman, denn immerhin ist dies ein schönes altmodisches Melodram, und da steht das Dramatische immer dicht neben dem Ästhetischen, das eine geht nicht ohne das andere. Natürlich kann man weiß Gott was gegen den Film einwenden, und wenn ich mal nicht in geeigneter Stimmung bin, würde ich vermutlich genau so über Kitsch und Pathos und Klischees und alles schon hundertmal gesehen meckern, aber wenn man mal in geeigneter Stimmung sein sollte, bietet dieser Film genau das, was man braucht, nämlich Breitwandkino der guten alten Schule, künstlerisch von allen Beteiligten perfekt umgesetzt, und genau deswegen auch den Fans des Genres wärmstens zu empfehlen. Aber daß es für die Königskinder kein Happy End gibt, fand ich schon traurig. Und: Warum wurde ausgerechnet im Billiglohnland Rumänien gedreht? Zynismus und Sparsamkeit? Oder haben die Amis ihre eigenen Landschaften mittlerweile auch schon vernichtet? Und: Warum gibt es eigentlich heutzutage keinen Scheißfilm mehr, der einem solch großen Schauspieler wie Donald Sutherland eine angemessene Rolle bieten kann? (25.2.)