Was nützt die Liebe in Gedanken von Achim von Borries. BRD, 2003. Daniel Brühl, August Diehl, Anna Maria Mühe, Thure Lindhardt, Jana Pallaske

Diese zweifellos sehr berechtigte Frage stellen sich zwei Schulfreunde eines schönen Sommers in den swingenden Zwanzigern, während sie ein sonniges Wochenende in Pappis Datsche draußen am See verbringen und endlich klar sehen wollen in Sachen Liebe, keine Kompromisse mehr. Günther will sich seinem Geliebten offenbaren und Paul möchte Günthers Schwester freien, allein, die Dinge entwickeln sich nicht so, wie die beiden forschen Jünglinge dies geplant hatten. Günthers Geliebter und die Schwester machen nicht mit, sondern fangen lieber miteinander etwas an, die beiden getäuschten Jünglinge hingegen sehen betroffen zu. Paul kann sich immerhin noch mit einer anderen Freundin arrangieren, Günther jedoch leidet sehr an seinen unerfüllten Sehnsüchten und folgt schließlich ihrem Schwur, im Falle enttäuschter, nicht erwiderter Liebe lieber Selbstmord zu gehen, statt im Mittelmaß weiterzuleben. Er tötet erst den Geliebten und dann sich selbst. Im anschließenden Prozeß bekommt Paul eine kleine Strafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes, dann ist er frei. Und so soll es sich tatsächlich abgespielt haben im Jahre 1927.

 

Eine bürgerliche Tragödie aus Weimarer Zeit und sicherlich ein Fest für einen Satiriker. Schwärmerische, idealistische Teenager, die sich mit Literatur vollstopfen, tiefsinnig über ein Leben nachsinnen, das sie noch gar nicht gelebt haben, ansonsten im Berlin der 20er aufgehen und noch gar nichts ahnen von dem, was fünf, sechs Jahre später über sie alle hereinstürzen sollte. Flott, frivol, vergnügungsorientiert und vor allem vom Elternhaus her wohlhabend genug, um sich den angemessenen Lebensstil leisten zu können, brausen sie raus zu den Seen im Grünen, geben sich der Musik und den leiblichen Genüssen hin, gönnen sich gern etwas Schwermut und Selbstmitleid, und sind mit anderen Worten genau so, wie wir auch mit sechzehn bis achtzehn waren. Hier besonders besticht der Film durch seine wunderbar intensive Atmosphäre, die berauschend schönen Bilder, das Schwelgen in einer Nostalgie, die ganz aus der Perspektive der beteiligten jungen Leute eingefangen wird. Es gibt keine ironischen und gar kritischen Relativierungen, aber auch keine besserwisserischen Zeigefinger von Leuten wie uns, die wir halt später leben und schon wissen, was noch so alles kommen sollte. Es geht hier nicht um Politik und nicht um Gesellschaft, sondern hauptsächlich um zwei etwas pathetisch veranlagte Schüler, die mit großen Begriffen wie absoluter Liebe und der Sehnsucht nach einem erlösenden Tod jonglieren, sich gegenseitig einen absurden Schwur leisten, sich im entscheidenden Moment aber dann doch trennen, weil nur einer bereit ist, den Weg bis zu Ende zu gehen. Und genau hier liegt, im Unterschied zur grandiosen Optik, die Schwäche des Films, der mich nämlich irgendwie nicht recht überzeugen kann von den tragischen Dimensionen der Geschichte. Über sehr weite Strecken läuft er ab wie hinter einem goldenen, sonnenflimmernden Schleier, verführerisch delikat, eine bezaubernde Vision von reiner Schönheit, nur tut sich innerhalb dieser Vision sehr wenig, es baut sich keine Spannung auf. Lange Passagen werden wortlos erzählt, die schönen Bilder reihen sich aneinander, man ahnt relativ schnell, was sich ungefähr ereignen wird, nur habe ich zumindest zu den Personen keine wirkliche Nähe entwickeln können. Wie gekonnt arrangierte Ausstellungsstücke werden sie in die stilechten und gut nachempfundenen Tableaus drapiert, man sieht gelegentlich bedeutungsvoll dreinblickende, ernste Gesichter, nur bleibt viel davon Pose, bewegt sich an der Oberfläche. Gerade wenn man zwei der besten neuen deutschen Schauspieler (nämlich Brühl und Diehl) zur Verfügung hat, eröffnen sich ganz andere Möglichkeiten, auch was den Rapport mit dem Zuschauer angeht. Dieser Film aber spielt sich stets in einiger Entfernung von uns ab, ästhetisch und glatt, sauber und zweifellos gekonnt inszeniert, aber mich persönlich hat er kaum berührt, und das fand ich schon recht enttäuschend, zumal in den früheren Filmen mit Brühl und Diehl wenigstens die Persönlichkeiten dieser beiden hervorragenden Darsteller irgendetwas bewegen konnten. Hier sind sie machtlos gegen die Dominanz der glitzernden, aber letztlich einlullenden schönen Oberfläche, sie bleiben so blaß wie die Figuren, die sie spielen, können eine Ecken und Tiefen entwickeln, weil das Drehbuch ihnen dies nicht erlaubt. Es bleibt ein Film für die, die auch mal nur die Bilder genießen können und zufrieden sind, wenn eher wenig dahinter steckt. Ich war wie gesagt etwas enttäuscht und würde an dieser Stelle wie schon so oft von verschenkten Möglichkeiten reden. (3.3.)