Bin-Jip (#) von Kim Ki-Duk. Südkorea, 2004. Lee Seung-yeon, Jae Hee, Kwon Hyuk-ho, Joo Jin-Mo, Choi Yeong-ho
Dieser Herr aus Südkorea erfreut sich spätestens seit seinem letzten Film „Frühling, Sommer undsoweiter“ in Cineastenkreisen allerbester Reputation, und zumindest nach Sichtung seines neuesten Werkes fiel es mir schwer, dies nachzuvollziehen. Gelobt wird einstimmig die exquisite Ästhetik der Bilder, die Eleganz, der Fluß, die Schönheit, und das gebe ich auch gern zu, für’s Auge ist dies allemal ein Festmahl mit viel Gefühl für Atmosphäre und sinnliche Eindrücke. Gelobt werden auch die Tiefgründigkeit und profunde Menschlichkeit es Films, der kunstvoll gehaltene Schwebezustand zwischen Realität und märchenhaftem Traum. Und da wird die Sache für mich schon etwas fragwürdiger, denn ich persönlich hatte die gesamten neunzig Minuten über ziemliche Probleme, einen Zugang zu den Personen und ihrem Innenleben zu bekommen, zumal der Herr Regisseur es uns natürlich auch nicht leicht macht, im Gegenteil, er sorgt geschickt für Irritationen, für Vieldeutigkeit und erzeugt vor allem in der letzten Viertelstunde einen fast mystischen Schwebezustand, in dem die Gesetze der Realität endgültig aufgehoben sind.
Außerdem bewegt er sich recht zügig durch die Genres: Anfangen tut das ganze als Außenseiterstudie – ein junger Mann fristet offensichtlich sein Leben, indem er in momentan leerstehenden Wohnungen übernachtet und dort nebenbei ein wenig für Ordnung sorgt. Dann geht’s weiter als Liebegeschichte, als der junge Mann auf eine junge, von ihrem Ehegatten mißhandelte Frau stößt und sie kurzerhand mit ihm geht. Das dazu gehörige Frauen- und Ehedrama spielt sich natürlich auch noch ab. Die Gangart wird deutlich härter, als die beiden der Polizei in die Hände fallen, irrtümlich des Mordes verdächtigt und getrennt werden – sie wird zurück zu ihrem Mann geschickt, der aber noch Rache am Nebenbuhler nehmen wird, und er ist der Brutalität zunächst eines Polizeibeamten und später dann eines Gefängniswärters ausgeliefert, und dort, in der Zelle, entwickelt er dann erstaunliche spirituelle Fähigkeiten, die es ihm letztlich erlauben, gänzlich unsichtbar zu werden. Als Unsichtbarer dann sucht er all die Stätten heim, die er zuvor mit der Frau bewohnt hatte und zuletzt macht er eine ménage à trois mit Frau und Ehegatten auf, natürlich ohne dessen Wissen, wohl aber mit ihrem, denn sie spürt und sieht ihren Geliebten sehr wohl.
Obwohl also für allerhand Abwechslung gesorgt wird und die Hauptdarsteller exquisit sind, fand ich mich schon während des Films ziemlich unberührt vom Geschehen. Die etwas distanzierte, ominöse, entrückte Atmosphäre hat offensichtlich keinen Eindruck auf mich gemacht, und regelrecht gestört haben mich etliche Stilisierungen, vor allem die Tatsache, daß unsere beiden Helden fast kein einziges Wort sagen, lediglich die Frau hat am Schluß zwei oder drei Sätze mit ihrem Gatten. Vielleicht bin ich zu stumpf oder auch zu nüchtern, jedenfalls konnte ich diesem Trick keinen tiefren Sinn abgewinnen, zumal der junge Mann offenbar der Sprache mächtig ist, denn sonst hätte er dem Polizisten kein Geständnis ablegen können. Wir aber erleben ihn stumm mit stets vieldeutiger, mal verschmitzter, mal ernster Miene und großen Leidenspotential. Eine Figur, die für mich unendlich weit weg ist, die ich nicht verstehe und zu der ich auch intuitiv kein Verhältnis finde, aber das liegt wohl daran, daß Männer überhaupt keine Intuition haben. Egal, sei es wie es sei, der Film wie man so schön sagt ging nicht recht an mich, er ist schön anzusehen, hat fraglos seine Momente und interessanten Gedanken, ist mir persönlich wohl aber zu mystisch im Tonfall und konnte mein steinernes Gemüt nicht wirklich in Wallung bringen. Na so was. (17.8.)