My summer of love (#) von Pawel Pawlikowski. England, 2004. Natalie Press, Emily Blunt, Paddy Considine, Dean Andrews, Michelle Byrne, Paul-Anthony Barber
Schön, daß es solche Filme überhaupt noch gibt - verträumte, verwunschene, wunderliche Sommerfilme abseits der hektischen Betriebsamkeit großer Metropolen, großer Ambitionen, großer Prätentionen, Filme aus einer leicht verschrobenen, versetzten Welt, Filme für das Auge und auch für’s Herz und sonstige Körperteile. Zwei Mädchen lernen sich im Sommer in Cornwall kennen und lieben, zwei ganz unterschiedliche Mädchen, die eine, Tamsin, aus vornehmem Haus, eigentlich das Jahr über im Internat und nur für die Ferien zuhause, die andere, Mona, aus einfacheren Verhältnissen, wohnt, früh verwaist, allein mit ihrem Bruder über dem Pub im Dorf, schlägt sich mit frustigen, eher körperbetonten Männerbekanntschaften rum und muß erleben, wie ihr Bruder urplötzlich einem religiösen Wahn verfällt, eine Gruppe gleichgesinnter Spinner um sich schart und sein Dasein fortan in frommen Zirkeln oder Prozessionen fristet, leider jedoch seinen Hang zu gewalttätigen Ausbrüchen dadurch nicht in den Griff bekommt. Mona und Tamsin betrachten ihr erotisches Geplänkel offensichtlich nicht als tiefergehende Sache, ihre Gefühle zueinander scheinen allerdings echt zu sein. Sie haben Vertrauen und erzählen sich alles, Mona von ihrem verstorbene Eltern und dem abgedrehten Bruder und Tamsin von ihrer an Magersucht verstorbenen Schwester, die ihr noch immer fehlt. Die Romanze, in die Mona mit der Zeit dann doch ziemlich viel Hoffnung und Gefühl setzt, ist jäh beendet, als Tamsin, die einst den ersten Schritt machte, sich ebenso unvermittelt wieder von ihr abwendet, und Mona erkennen muß, daß ihre Freundin sie belogen hat und das Ganze doch eher als Spiel betrachtet.
Ein poetischer und sehr einfühlsam inszenierter Film, der Einfühlsamkeit aber nicht mit Sentimentalität oder gefühligem Kitsch verwechselt, sondern den beiden Mädchen durchaus ihre Sperrigkeit und Widerborstigkeit läßt und sich ihnen mit respektvoller Vorsicht nähert. In knappen aber eindrucksvoll prägnanten Bildern werden zwei unterschiedliche Welten und zwei unterschiedliche Mädchen vorgestellt – die am Leben bereits etwas gehärtete, ruppige, grundsätzlich eher mißtrauische Mona, die den fehlenden familiären Rückhalt in kopflosen Beziehungen sucht, und die romantische, phantasievolle, mondäne Tamsin in ihrem luxuriösen Elternhaus, im Grunde nicht weniger allein als Mona, weil die Eltern durch Abwesenheit glänzen. Für Mona birgt ihre Freundschaft eine echte Hoffnung, während Tamsin behütet genug lebt, um den Kitzel, das Abenteuer mitzunehmen, ohne tiefergehende Gefühle investieren zu müssen. Das wird von den zwei Hauptdarstellerinnen fabelhaft gespielt, illustriert von wunderschön sommerlichen Bildern aus Südengland und effektvoll untermalt von Goldfrapps benebelten Elektronikchansons, sodaß ich kurz und knapp feststellen kann (im Moment schreibe ich offenbar lieber kurze und knappe Filmkommentare!), daß ich den Film als sehr anregende und willkommene Abwechslung zum manchmal doch etwas öden alltäglichen Geschäft genossen habe und mir für diese Jahreszeit eigentlich noch mehr davon wünsche. (6.7.)