Sideways (#) von Alexander Payne. USA, 2004. Paul Giamatti, Thomas Haden Church, Virginia Madsen, Sandra Oh
Männer Ende Dreißig, Anfang Vierzig sind, ich selbst muß es auch zugeben, schlicht die Hölle. Weinerliche, in Selbstmitleid badende, orientierungslose Schwachköpfe mit einem letzten Aufbäumen der Hormone, einer letzten Entschlossenheit, noch einmal ihre sogenannte Manneskraft unter Beweis zu stellen und einer grundlegenden Nichtachtung sämtlicher Regeln des gesunden Menschenverstandes und eines zivilisierten, rücksichtsvollen Miteinanders.
Miles und Jack machen da überhaupt keine Ausnahme. Miles ist eingeschiedener Englischlehrer, der sich halbherzig als Schriftsteller versucht, noch immer an der bereits zwei Jahre alten Trennung laboriert, und jeden Mißerfolg als weiteren folgerichtigen Baustein in seiner persönlichen Loserbiographie versteht. Jack ist ein smarter Schauspieler, der aber seine besten Jahre auch schon hinter sich hat, aktuell nur noch in Werbespots auftritt, und der jetzt, bevor es ganz zu spät ist, ins warme Nest einer Ehe zu flüchten gedenkt. Vorher aber will er mit seinem alten Studienkumpel Miles noch mal eine tolle Woche erleben, eine Tour im kalifornischen Hinterland mit viel Wein, Golf und vor allem Girls. Hier gibt es gleich zu Beginn den ersten Disput der beiden, denn während der eher schüchterne, verklemmte Miles durchaus nur Wein und Golf im Sinn hat, offenbart Jack ganz andere, dafür sehr konkrete Pläne: Miles soll endlich mal wieder flachgelegt werden und seine griesgrämige Laune vergessen, und er selbst will auch noch mal einen wegstecken, bevor es ein für allemal damit vorbei ist. So geht’s also los und als die beiden in einem Kleinstädtchen Maya und Stephanie kennenlernen, entwickelt sich die Geschichte in ihrer ganzen möglichen Bandbreite mit durchaus gemischtem Ausgang: Jack kriegt fürchterlich was auf die Rübe und Miles darf sich vielleicht eine ganz schwache Hoffnung machen, die nette Maya wiederzusehen.
Schon mit „About Schmidt“ hat Alexander Payne angedeutet, daß er durchaus nicht an den strahlenden Glamourtypen und auch nicht an der schicken Oberfläche des amerikanischen Way of Life interessiert ist. Er schaut lieber in die Nebenstraßen, die Kleinstädte abseits der Freeways, die weniger einladenden Bars und Häuser und erzählt dazu Geschichten, deren Faszination zweifellos im Detail liegt, in der scheinbar coolen und ruhigen Gelassenheit und dem sperrigen, unangepaßten Humor, der durchaus stark ironische Züge hat, der aber seine Protagonisten niemals verrät. Im Gegenteil, Paynes Solidarität und Zuneigung gehört auch hier den unscheinbaren, vor sich hin strampelnden Durchschnittstypen mit ihren ganz normalen Macken und Neurosen, ihrem Ego, ihrem Macho, ihren Stärken und Schwächen, die ihnen oft selbst nicht recht klar sind. Und selbst wenn man über den einfältigen Aufreißer Jack nur noch den Kopf schütteln möchte, ist er doch niemals wirklich unsympathisch, ebenso wenig wie der miesepetrige, mäkelige Feingeist Miles, der die ganze Welt als eine einzige Verschwörung gegen sich sieht. Payne stellt dies der beiden Jungs ganz in den Mittelpunkt, skizziert die Frauen nur am Rande, die eine forsch und sexy, die andere eher still und ernsthafter, dennoch ist der Film sehr schön abgerundet und voll, wenn man so sagen kann, sehr detailliert und stimmig in den Milieubildern, sehr präzise mit den Charakteren und mit sehr viel Sinn für Komik und skurrile Momente. Zu sommerlich leichter Jazzmusik tröpfelt die Handlung dahin, hier eine eitle Weinprobe, dort ein Kneipenflirt, dazwischen Männerzank im Hotelzimmer und verlogene Telefonate zur wartenden Braut daheim. Gut über zwei Stunden geschieht eigentlich wenig Spektakuläres, und dennoch ist der Film niemals langweilig, er überzeugt durch seinen souveränen Rhythmus, die unauffälligen, aber umso effektiveren Schauspieler, durch Witz und Wärme und vor allem dadurch, daß man endlich mal wieder was anderes von den USA sieht, als pompöse Fassaden oder ferne Galaxien. Eine kalifornische Komödie des Alltags und der Midlifecrisis, bestechend umgesetzt. (6.2.)