Pride and prejudice (Stolz und Vorurteil) von Joe Wright. England/USA, 2005. Keira Knightley, Matthew MacFadyen, Donald Sutherland, Brenda Blethyn, Jena Malone, Penelope Wilton, Judi Dench, Tom Hollander, Claudie Blakley, Rosamund Pike, Kelly Reilly, Peter Wright
So, ham wa se jetz bald alle durch? Wolln doch mal sehen: „Sinn und Sinnlichkeit“ (aka „Verstand und Gefühl“), „Emma“, „Überredung“, „Mansfield Park“ und jetzt noch „Stolz und Vorurteil“ sogar doppelt, einmal in echt und einmal als Bollywodfetzer. Fehlen eigentlich nur noch „Northanger Abbey“, an das sich aus unerfindlichen Gründen niemand so recht rantrauen will, und ein paar halb vollendete Werke, die sich nicht so sehr für die Vermarktung anbieten. Im großen und ganzen also wäre Jane Austen jetzt durch und die Produzenten könnten sich eigentlich den Werken anderer SchriftstellerInnen dieser oder einer anderen fotogenen Epoche widmen – Material gäbe es wahrhaft zuhauf. Meister Polanski könnte da einen neuen Trend setzen, indem er in Kürze mit der soundsovielten Neuauflage von „Oliver Twist“ an uns herantritt, denn wenn der Dickens so richtig im Detail erforscht wird, dann haben die Leute vom Film erst mal Stoff für ein paar Jahre.
Jetzt aber noch das hier – alles wie gehabt im kuscheligen England des frühen 19. Jahrhunderts: Die Kostüme wallen und wippen im Takte zeitgenössischer Tänze, die gesellschaftlichen Konventionen machen strengste Vorschriften, und das seit je festgemauerte britische Klassensystem ist der ideale Nährboden für eine Story wie diese - eine Mama mit fünf Töchtern (ja gut, ein Papa ist auch noch da) beschäftigt sich mit nichts anderem als dem Versuch, diese fünf möglichst schnell und möglichst gewinnbringend unter die sprichwörtliche Haube zu bringen. Da die Bennets nun aber alles andere als gesellschaftlich hochstehend sind, sondern im Gegenteil stets von der vermeintlichen Großzügigkeit ihrer adeligen Gönner abhängen, haben diese Töchter wenig Kapital außer Geist und Schönheit, und vor allem Elizabeth verfügt über beides in reichem Maße, wobei ihr Geist und ihre spitze Zunge nicht ganz konform gehen mit den Gepflogenheiten und Rollenvorstellungen ihrer Zeit. Ausgerechnet mit dem muffeligen, arroganten, ungeselligen Mr. Darcy reibt sie sich besonders heftig, aber wir als erfahrene Schmonzettengucker wissen natürlich auch ohne den Roman gelesen zu haben, daß gerade die beiden sich am Schluß nach vielen Umwegen und viel Gefühlsaufwand kriegen werden.
All das wird bewährt launig inszeniert, ohne jegliche Inspiration zwar sondern höchst brav und gediegen in jeder Szene, aber eben auf Nummer sicher und mit genügend Schwung, um auch zwei Stunden locker zu überbrücken. Eine Mischung aus romantischen Verstrickungen, amüsanten Charakterstudien und sehr milder Sozialsatire mit feinsten Bildern und klangvoller Musik, dazu ein paar hübsche und ein paar gute Schauspieler und fertig ist ein neuer hübscher, netter Film aus der Austen-Serie. Wie all die anderen auch verkauft er die Autorin deutlich unter Wert und rückt sie sehr viel dichter an seichte Gefilde als nötig. Vor allem ihre sowohl distanziert ironischen, als auch unerhört detaillierten Schilderungen von (vorwiegend weiblichen) Gefühlswelten und sozialen Strukturen zwischen Stadt und Land werden in den Drehbüchern zu effektvollen Kabinettstückchen eingedampft, was zwar immer für äußerst gute Unterhaltung sorgt, aber eben nur einen geringen Teil der Austenschen Essenz auf die Leinwand rettet. Joe Wright tut als Regisseur gar nichts, um eine eigene Handschrift zu entwickeln oder mal einen originellen Schwerpunkt zu setzen. Er bleibt ganz in der Tradition beschwingter, nostalgischer Romanzen, sorgt damit ganz sicher für einen stimmungsvollen Kinoabend und einigen Spaß, läßt aber nur sehr marginal erahnen, daß dahinter eine hochkarätige Autorin steht. Die Verantwortung für das Gelingen des Projekt liegt wie fast immer bei den Schauspielern, die wie Keira Knightley zwar süß und schön aber auch zu modern sind, oder aber wie die Damen Blethyn und Dench zwar höchst amüsant granteln und intrigieren aber im Grunde nicht mehr abliefern als ihre gewohnte Routine hart am Rande der Karikatur und ihrem aus vielen Filmen bekannten Repertoire leider nichts hinzuzufügen haben. Donald Sutherland ist ein neuer Gast in diesem ländlich-britischen Umfeld, aber er fügt sich tadellos ein und macht uns mit verschmitzt trockenem Humor viel Freude. Ich will jetzt auch nicht zuviel meckern und so tun, als habe mir der Film nicht gefallen, denn natürlich hat er das einmal wieder voll und ganz. Ich wünsche mir nur nach wie vor, daß einmal jemand daherkommt, der kommerzielles Sicherheitsdenken hinterwegs lassen kann und einen wirklichen Jane-Austen-Film macht oder zumindest einen, der ihrem Werk besser gerecht wird als all die oben aufgezählten Filme, so schön und sehenswert sie auch sein mögen. (9.11.)