Brokeback Mountain (#) von Ang Lee. USA, 2005. Jake Gyllenhaal, Heath Ledger, Michelle Williams, Anne Hathaway

   Brokeback Mountain heißt der Berg in Wyoming, wo sich 1963 zwei Cowboys kennenlernen, die oben in der Einsamkeit wochenlang auf eine Schafherde aufpassen sollen. Unversehens wird jedoch aus einer kernig-wortkargen Männerbekanntschaft Liebe, und als sich die beiden wieder trennen, wissen sie selbst nicht, wie es weitergehen soll. Ennis steht kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten und wird in Wyoming ansässig bleiben, Jack kommt immer nur als Saisonarbeiter und will sich irgendwo eine Existenz aufbauen. Vier ganze Jahre vergehen bis zum nächsten Wiedersehen, und mehr als zwanzig Jahre dauert die verhinderte Liebesgeschichte insgesamt - beide gründen eine Familie, müssen ihre Ehefrauen, die sie nicht lieben, belügen, müssen Ausreden erfinden, um sich zwischendurch mal für ein paar Tage draußen im Zelt zu treffen und wissen gleichzeitig, daß sie ihre Liebe nicht öffentlich machen können. Oft genug trennen sie sich im Streit, niedergeschlagen, frustriert, und als Jack schließlich ums Leben kommt, bleibt dem anderen nicht mehr, als wie versprochen die Asche des Freundes vielleicht am Brokeback Mountain zu verstreuen.

   Eine Liebesgeschichte also, nicht mehr, eine Liebesgeschichte mit wenig Personal und einer von Anfang an klaren und bis zum Schluß nicht veränderten Konfliktlage: Zwei schwule Cowboys dürfen das natürlich in den 60ern nie und nimmer offen eingestehen, zumal nicht in dem Milieu, in dem sie verkehren, aber auch nicht in den 70ern und auch nicht in den 80ern. Bis zuletzt verheimlichen sie ihre Beziehung so gut es geht (doch Ennis’ Ehefrau kriegt natürlich doch was mit und reicht die Scheidung ein), bis zuletzt stehen sie permanent unter Druck und steht auch zwischen ihnen eine gewisse Unaufrichtigkeit, denn obwohl ihre Gefühle füreinander auch durch die Jahre offenbar sehr stark und intensiv bleiben, will der eine sich nicht von der Familie lösen und hängt der andere auch irgendwie an der Geldader seiner Frau und deren Familie fest. Ihr Leben mit Frau und Kind erleben sie als trist und verlogen, doch auch ihr jeweils kurzes Beisammensein hat nichts Offenes oder Befreiendes, im Gegenteil macht sich häufig eher Verzweiflung breit. Im Laufe der Zeit wird die Stimmung immer trister und frustrierter, und nachdem Jack tot ist, haust Ennis ziemlich vereinsamt in seinem gammeligen Mobile Home, kriegt ab und zu besuch von seiner ältesten Tochter und lebt ansonsten nur noch von Erinnerungen.

 

   Ang Lee hat aus diesem wie gesagt ziemlich reduzierten Themenspektrum einen recht ausladenden, episch getragenen Film gemacht, der fasziniert durch Angs großartige Stilkunst, durch ebenso großartige, monumentale Landschaftsimpressionen aus den Bergen Wyomings und durch die außerordentlich detaillierte, sorgfältige Erzählweise, die sich wirklich sehr viel Zeit läßt mit allen Aspekten der Story. Für meinen Geschmack ist der Film mit zweieinviertel Stunden aber doch deutlich zu lang, zumal man im letzten Drittel doch das Gefühl hat, er wiederhole sich nur noch. Das Atmosphärische, das Zwischenmenschliche und so weiter werden sensibel und tiefschürfend betrachtet, nur hat Ang eigentlich nach der Hälfte alles schon gesagt was zu sagen wäre. Daß sich zwei schwule Cowboys in dieser Welt niemals outen dürfen, haben wir beizeiten kapiert, daß sie mit ihren Frauen nicht glücklich werden können auch, und daß es so recht keine gemeinsame Zukunft für beide geben kann, ist ebenso klar. Also sitzt man geduldig, läßt die Bilder auf sich wirken und wartet ab, wie die ganze Misere aufgelöst wird. Jacks Tod scheint mir da keine sonderlich originelle Lösung zu sein, aber andererseits hätte das Ganze sonst ewig so weitergehen können. Ang bleibt in der Perspektive strikt privat, es gibt keine Diskurse über sexual politics in den Staaten, muß es aber auch nicht geben, da wir uns das meiste auch so zusammenreimen können. Manche Szenen sind sehr beeindruckend gelungen und auch von den sehr guten Schauspielern hervorragend gespielt, nur merkte ich eben, daß mein Interesse in der zweiten Hälfte zunehmend nachließ. Als Regisseur ist Ang nach wie vor große Klasse und auch hier kommen sein Feingefühl und seine Eleganz immer wieder durch, nur hat er sich vielleicht etwas zu sehr verliebt in eine Elegie für Pedal Steel, große offene Landschaftsräume und eine halbwegs fatalistische, weil von vornherein zum Scheitern verurteilte Liebe. Immerhin überrascht, wie selbstverständlich in einem US-Mainstreamfilm eine homosexuelle Beziehung dargestellt wird, allerdings leben wir ja nun nicht mehr in den 60ern, und ein gewisser Fortschritt sollte sich schon eingestellt haben, oder...? (6.9.)