The DaVinci Code (#) von Ron Howard. USA, 2006. Tom Hanks, Audrey Tautou, Ian McKellen, Jean Reno, Paul Bettany, Alfred Molina, Jürgen Prochnow

   Manchmal fragt man sich so, welch merkwürdige Kriterien manche Rezensenten ihrer Beurteilung zugrunde legen. Ich möchte diesen Film hier auf keinen Fall verteidigen, nur finde ich schon, daß man ihn mit dem richtigen Maß messen sollte - dies ist ein reiner Unterhaltungsfilm und nichts weiter, die Verfilmung eines ultrakommerziellen Bestsellers, ein hundertprozentiges Stück Hollywood, nicht mehr und nicht weniger, und man sollte doch um Himmels Willen jetzt nicht irgendwie Kunst oder inhaltlich ernsthafte Auseinandersetzungen mit irgendwas erwarten. Wenn man den Roman kennt, egal was man nun darüber denken mag, so wird man vermutlich schon finden, daß der Film seiner Vorlage ziemlich in allem gerecht wird.

 

   Ist ja auch eigentlich fast unmöglich, so ein Projekt in den Sand zu setzen, denn Dan Browns Buch liest sich fast schon wie eine szenische Abfolge und ist geradezu eine Steilvorlage für eine Verfilmung, und selbst ein so uninspirierter Handwerksbursche wie Ron Howard kann da fast nichts falsch machen. Er geht, wiederum ganz erwartungsgemäß, total auf Nummer sicher, filmt den Plot brav ab, übernimmt Browns atemlose Stakkatodramaturgie, sein unentwegtes Voranstürzen eins zu eins, riskiert auf visuellem Gebiet absolut nichts und verpflichtet ein paar Leute, die bleibendes Interesse garantieren. Lustigerweise eröffnen sich aber so dem Publikum erst richtig die Schwächen des Romans, derer man sich beim Lesen vielleicht noch nicht mal so recht bewußt war: Eben gerade das schematische Aneinanderreihen von kurzen Szenen mit keinem wirklichen Spannungsbogen. Der unverständliche Durchhänger zum Schluß, wo die letzten hundert Buchseiten und die letzten fünfzehn Filmminuten nach all dem Adrenalin zuvor plötzlich total im Nichts versanden. Die zum Teil recht hanebüchenen Konstruktionen vor allem in der ersten Hälfte, die noch unglaubwürdiger sind, als man es dem Genre ohnehin zubilligt. Die extrem flache Personenzeichnung, bzw. der völlige Mangel daran – Brown präsentiert statt Menschen lediglich Funktionsträger, die ihre Sätze aufsagen (und es werden wirklich sehr viele Sätze gesagt in diesem Film) aber keinerlei Eigenleben entwickeln, null Tiefgang oder Persönlichkeit haben, und folglich stehen auch Ron Howards Schauspieler ziemlich im Regen. Naja, bei Tom Hanks ist mir das auch egal, der ist für mich der eigentliche Haken an dem Film, denn so unglaublich tranig, sauertöpfisch, phlegmatisch, und verquollen wie der die ganze Zeit rumläuft, ist es einfach schändlich. Das ist ein Langweiler ohne einen Funken von Charisma und kein Held, auf den man sich freut, keiner, den ein solcher Film braucht und vor allem keiner, der mit der Hauptdarstellerin irgendeine Form von Beziehung eingehen kann. Aber - da auch Dan Browns Robert Langdon ein völliges Neutrum ist, paßt Hanks auf seine fahle Weise schon wieder zu der Rolle. Audrey Tautou ist natürlich für jeden Film eine Attraktion, aber hier hat sie nicht mehr zu tun, als mit groß aufgerissenen, erstaunten Augen herumzustehen und ständig die schlauen Männer zu befragen, was denn überhaupt los ist – stellvertretend fürs Publikum übrigens, denn manchmal geht es im Film ein bißchen zu schnell, und zumindest wenn man den Roman nicht kennt, wird man gelegentlich Probleme haben, mitzukommen. Da steht also die Tautou immer nur rum und schaut zu dem Helden auf, darf nur schön sein (das ist sie aber wirklich!) und mehr nicht. Ian McKellen hat wahrscheinlich die dankbarste Rolle hier und füllt sie mit seiner ganzen Flamboyanz – ein virtuoser Schauspieler, der das Beste aus dem bißchen macht, was er vorfindet, aber zumindest eine richtig vergnügliche Show abliefert, und gerade in den gemeinsamen Szenen mit Hanks wird deutlich, was für eine trübe Tasse Letztgenannter doch ist. Ansonsten tummeln sich noch ein paar Routiniers und liefern Routine ab, soviel wie halt nötig ist, überhaupt sind viele Routiniers am Werk und schaukeln das Ding über die lange Zeit, und so kommt ein archetypisches Stück Hollywood dabei raus, man verlebt einen ganz flotten Kinoabend und das war’s. Welchen Kirchenmann solch ein Machwerk hinter dem Ofen hervorlockt, wird mir für immer unverständlich bleiben – das gilt auch schon für den Roman – und wieso sich ernsthafte Kritiker darüber so ereifern, kann ich auch nicht verstehen. Wenn man die sprichwörtliche Kirche also im Dorf läßt, ist das alles ganz okay, aber eben kein Stück besser als das Buch, und wer dies also vielleicht erwartet hat, wird sich zurecht ärgern. (16.6.)