The constant gardener (Der ewige Gärtner) von Fernando Meirelles. England, 2005. Ralph Fiennes, Rachel Weisz, Danny Huston, Hubert Koundé, Bill Nighy, Gerard McSorley, Pete Postlethwaite, Anneke Kim Sarnau

   Der ewige Gärtner, das ist Justin Quayle, seines Zeichens britischer Hochkommissar oder so ähnlich und sowieso durch und durch ein typischer Brite, der auch die Außenpolitik seines Landes mit argloser Gewissenhaftigkeit öffentlich vertritt. Als er die junge, impulsive, politisch stark engagierte Tessa kennenlernt und sie ihn überreden kann, als seien Ehefrau mit ihm nach Kenia zu fahren, wo er seinen neuen Job antritt, gerät sein beschauliches Gärtnerdasein in völlig andere Bahnen, obwohl sie nach Kräften versucht, ihn zu schützen, sprich ihn von ihren

zunehmend gefährlichen Aktionen und Ermittlungen fernzuhalten. Eines Tages werden sie und später auch ihr afrikanischer Freund und Mitstreiter Arnold brutal ermordet aufgefunden, und als sich obskure Gestalten verdächtig zeitnahe in Tessas Unterlagen zu schaffen machen, die wahren Hintergründe für den Mord eiligst verschleiert werden und sich vermeintliche Freunde der Quayles ebenfalls reichlich auffällig gebärden, wird Justin klar, daß er nicht einfach so weiterleben kann, sondern daß er Tessas Weg weitergehen muß, und dieser Weg führt auch ihn in den Tod.

   Es geht um Liebe und Tod, um Verrat und Mißtrauen und es geht um internationale Politik von der miesesten Sorte, nämlich um ein neues Aidspräparat, das von einem großen Pharmakonzern an lebenden Objekten in Afrika getestet wird, um das ganz große Geschäft mit Tod, Leid und Elend, um zynisches, menschenverachtendes Abkassieren im Zeichen westlicher Zivilisation, kurz es geht nach Jahrhunderten noch immer um die Ausbeutung Afrikas durch die Europäer. Vor Ort paktieren Vertreter des Konzerns mit lokalen Killertruppen, dubiosen Geschäftemachern und der britischen Verwaltung, so daß die Wege bis nach London, Berlin und sonstwohin laufen. Als Justin anfängt, nachzuforschen, stößt er sehr schnell auf abweisendes Schweigen und sehr direkte Drohungen. Er erkennt, daß Tessa keineswegs so paranoid und politisch verblendet war wie er vielleicht zum Teil geglaubt hat, und er erkennt auch, daß in dieser Angelegenheit, wo es um viel Geld geht, sämtliche Regeln der Menschlichkeit rigoros außer Kraft gesetzt werden. Seine Suche in Kenia und auch in Europa läßt ihn schreckliche Dinge sehen und erfahren, und letztlich kann auch er nicht zum Kern der Affäre vordringen, doch auf seinem Begräbnis in London wird immerhin ein Brief Tessas öffentlich verlesen, der einen ranghohen britischen Politiker in schwere Verlegenheit bringt.

 

   Ein wütender, mitreißender, dramatischer, sehr emotionaler Film, für den Fernando „City of God“ Meirelles genau der richtige Regisseur ist. Ich hätte nicht gedacht, nach all den sorgsamen, aber auch kühlen und pedantischen Werken einen Roman von John Le Carré jemals auf diese Weise verfilmt zu sehen, aber dies hier sind auch keine feingesponnenen Intrigen im Secret Service à la George Smiley, dies ist gemeiner, vorsätzlicher tausendfacher Mord, ein ungeheurer Skandal unter dem Deckmäntelchen humanitärer Hilfe, was dem Ganzen noch die Krone aufsetzt. Le Carré kann sich für solch einen Stoff auf beliebig viele Beispiele aus der traurigen Tagespolitik berufen, denn nach wie vor werden in Elendsgebieten der Dritten Welt, besonders natürlich in Afrika, solch abscheuliche Geschäfte gemacht, nach wie vor erfährt niemand von uns, was alles im einzelnen unter dem schönen und schwammigen Begriff der Entwicklungshilfe passiert und vor allem wer daran wieviel verdient. Meirelles verknüpft diese politische Dimension souverän mit der Privatgeschichte der Quayles, vor allem mit Justins langem Weg aus der lähmenden Trauer hin zu seiner selbstmörderischen Entschlossenheit, denn wen er sich zuletzt an jenen See hockt, wo auch Tessa starb, weiß er genau, daß die Mörder schon auf dem Weg zu ihm sind und er ihnen nicht mehr entkommen kann, hat er mit seinem Leben praktisch abgeschlossen. Indem er die trügerische Sicherheit der britischen Golfclubkumpanei und seiner behüteten Pflänzchen verläßt, macht er sich zum Objekt subtiler Sabotageakte, unverhohlener Anfeindungen und schließlich brutaler Gewalt, durchläuft er haargenau den gleichen Prozeß wie vor ihm Tessa und Arnold und andere, die unbequeme Fragen zu stellen wagten. Meirelles hektischer, fiebriger, total intensiver Stil, der ungeduldig voranstürzt, die Szenenchronologie zerhackt und sie puzleteilartig neu zusammenfügt, der weniger die Gewalt selbst zeigt als vielmehr ihre Folgen und die Atmosphäre, die Gewalt hervorbringt und die Gewalt ihrerseits erzeugt. Dies ist ihm brillant und sehr überzeugend gelungen – die Bilder aus Afrika sind intensiv, heiß, geladen mit Spannung, Drohung, Angst, und dann gibt es wieder zärtliche, intime Momente oder jene unglaublich eindringliche Szene, in der Justin von Tessas Tod erfährt und man ewig lange nur auf sein Gesicht sieht und was sich dort abspielt. Ralph Fiennes spielt grandios, aber auch Rachel Weisz ist toll und einige hochkarätige Nebendarsteller sorgen für einen markanten Hintergrund. Inhaltlich knüpft Meirelles an viele engagierte Politdramen beispielsweise aus den Achtzigern an, formal jedoch eilt er ihnen voraus, setzt er gezielt die aktuellen ästhetischen Normen um und hat so einen furiosen, aufregenden und bewegenden Film gemacht, einen der absolut besten und nachhaltigsten seiner Gattung. (31.1.)