Ein Freund von mir von Sebastian Schipper. BRD, 2006. Daniel Brühl, Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Peter Kurth, Michael Wittenborn
Das ist was von Jungs für Jungs (ziemlich exklusiv, wie ich finde) und nur zur Hälfte auch ein Feelgoodmovie, denn irgendwann schleicht sich ganz plötzlich der sprichwörtliche Ernst in die unbeschwert schlichte Männerkumpanei und dann ist ziemlich abrupt Schluß mit lustig. Schipper hat früher schon “Absolute Giganten” gedreht, auch ein Film von Jungs für Jungs und auch ein Film, in dem es vorwiegend um Männerfreundschaft geht und darum, dass echte Männerfreundschaften (also so richtig ganz echte) immer einen dunklen, melancholischen Zug an sich haben (so jedenfalls sehen es die romantischen Männer gern...).Und wer oder was bitteschön ist daran schuld? Na klar - die Frauen!
Karl und Hans lernen sich kennen, weil Mathematikgenie und Versicherungsfuzzi Karl, der zugleich Workaholic und total phlegmatisch ist, von seinem Chef in den Arsch getreten und versuchsweise undercover in eine Autovermietungsfirma eingeschleust wird, offiziell um vor Ort zu sehen, wie solch ein Betrieb funktioniert. Statt sich gegen diese beabsichtigte Provokation aufzulehnen und endlich mal aus sich herauszutreten, tritt Karl brav den Job an und trifft in der Garage am Düsseldorfer Flughafen Hans, der in so ziemlich allem ein Widerspruch zu ihm selbst ist: Vital, voller Lebensfreude, unambitioniert, undiszipliniert und für jeden Scheiß zu haben. Hier bedient sich der Film einer ziemlich schematischen, klischeehaften Konstellation, die natürlich darauf hinausläuft, dass Hans dem neuen Kumpel erst mal beibringen muß, wie man überhaupt lebt, wie man Spaß hat, wie man den Moment genießt und so weiter. Die beiden haben also ihren Spaß, amüsieren sich mit schnellen Autos, Wettfahrten und allerlei Streichen, wie kleine Jungs das halt gern tun, bis Karl auf Hans’ Freundin Stelle trifft, sich augenblicklich in sie verknallt und natürlich von nun an in einem ständigen inneren Konflikt lebt. Hans merkt natürlich, was Sache ist, gibt sich zunächst noch locker und tolerant, doch als Karl ihm schließlich seine Identität enthüllt und ihm ziemlich brutal an den Kopf wirft, dass sie beide so verschieden seien und deshalb niemals echte Freunde werden können, ist der Bruch nicht mehr zu kitten. Zum Schluß geht’s ein bißchen hastig: Stelle zieht zu ihrem Papa nach Barcelona, Karl macht Hans, der mittlerweile im Flughafen arbeitet, ein Friedensangebot und will mit ihm zusammen auch runter nach Spanien fahren, doch im letzten Moment stiegt Hans aus und läßt Karl allein fahren.
Eine weitgehend sehr dünne und in der Personenzeichnung seltsam vage Story, die allerdings so wunderbar inszeniert und gespielt wird, dass der Film dennoch schön und bewegend ist. Weder Karl noch Hans sind wirkliche Charaktere, sondern ganz deutlich Funktionsträger in einem Konstrukt, das man so oder ähnlich schon -zigmal gesehen hat und das Grundlage vieler Geschichten über Freundschaft ist: Gegensätze ziehen sich an, einer bringt dem anderen das wahre Leben bei und häufig gibt’s dann irgendeinen tragischen Twist, der die Chose ins Rutschen bringt. Tragisch ist hier im eigentlichen Sinne nix, nur sieht man gleich, als Karl und Stelle sich erstmals tief in die Äuglein blicken, dass die Tage unbeschwerter Kumpanei von nun an vorüber sind - auch ein Klischee natürlich, genau wie die Rolle der Stelle, die absolut nichts hergibt und die keinerlei Eigenleben entwickelt. Wie es Schipper nun geschafft hat, aus solch gravierenden Schwächen dennoch einen Film zu machen, dem man gern und amüsiert und auch gerührt zuschaut, ist zum einen seiner äußerst stilsicheren, gefühlvollen Inszenierung geschuldet, zum zweiten den schönen, atmosphärischen Bildern und der ebenso wirkungsvoll eingesetzten Ambientmusik, in allererster Linie jedoch den drei grandiosen Hauptdarstellern, die sämtlich gegen die Limitationen ihrer Rollen anspielen müssen, die sämtlich wenig überraschend und genau ihrem gewohnten Typ entsprechend besetzt wurden, die jedoch soviel Charme und Spaß in diesen Film einbringen, dass man einfach gern zuschauen muß. Natürlich ist Brühl der Introvertierte, Ernsthafte, Gehemmte, der stille Romantiker und Vogel der Clown, der Extrovertierte, leicht Kaputte, der Loser mit Herz, der mehr mitkriegt als man denkt und letztlich die Entscheidung trifft und die Bahn frei macht für Karl und Stelle. Sabine Timoteo hat wirklich kaum was zu tun, aber sie ist anziehend und sehr sexy (ja, so hätten wir Jungs sie gern, die Mädels, gelt...), und gerade weil man sie und Vogel ja nun gerade in “Der freie Wille” bewundert hat, wirkt der Kontrast zu diesem vollkommen anderen Setting frappierend und als starker Beweis ihrer großen Schauspielkunst. Brühl gibt sich diszipliniert und cool, Vogel darf an der langen Leine wirbeln und Timoteo läßt dazu ihre Katzenaugen blinken, mehr ist an der ganzen Sache nicht dran, selbst das große Thema “Männerfreundschaft” wird allenfalls oberflächlich verhandelt, und doch hat mir der Film gefallen, weil der Ton stimmt, das Gefühl und weil die Hauptpersonen einfach tolle Typen sind. (8.11.)