Harry Potter and the goblet of fire (Harry Potter und der Feuerkelch) von Mike Newell. England/USA, 2005. Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Michael Gambon, Brendan Gleeson, Maggie Smith, Alan Rickman, Timothy Spall, Ralph Fiennes, Robbie Coltrane

   Es war eigentlich klar – pünktlich mit dem vierten Harry-Potter-Roman würden die Leute vom Film Schwierigkeiten kriegen. Wie zum Teufel macht man aus einem Schinken von weit mehr als siebenhundert Seiten ein Produkt, das wie seine Vorgänger dem Stoff noch halbwegs gerecht wird und andererseits auch weiterhin an den Kassen abräumt? Eine klassische Zwickmühle, in der sich die Produzenten auch diesmal so entschieden haben, wie in mindestens neunundneunzig Prozent aller übrigen Fälle, nämlich gegen den Roman und für die Kasse. Wie ich las, war kurzzeitig wohl auch mal ein Zweiteiler im Gespräch, aber so was läßt sich einfach nicht gut genug verkaufen, und also hatte Drehbuchmann Steve Kloves die dankbare Aufgabe, das ganze dicke Buch einzudampfen auf die Konsumspanne eines Litereimers Popcorn.

   Ich will jetzt absolut nicht behaupten, daß der Roman zu den besten der Serie gehört – meiner Ansicht nach lassen sie nach dem dritten, dem besten, langsam aber sicher nach, weil sie wirklich zu lang werden -, trotzdem aber finde ich es unredlich, einfach die Hälfte des Inhalts wegzuhacken (das hat wirklich was von einem chirurgischen Eingriff) und durch den Rest durchzupflügen im Kamikazestil, so daß wir als Endprodukt zweieinhalb Stunden Kirmes inklusive Achterbahn und Gruselkabinett erhalten, einen rasanten Ritt durchs Actioneinmaleins, aber nie und nimmer eine angemessen Romanverfilmung und ganz sicher den seelenlosesten aller bisheriger Harry-Potter-Filme. Das überrascht umso mehr, als man von Regisseur Mike Newell eigentlich genau anderes kennt, nämlich Filme mit Gefühl und Stil, beides war hier aber offenbar nicht gefragt. Besonders die erste Stunde finde ich schwer erträglich, denn wie hier das Buch auf Fragmente zurückgebrochen, wie die gesamte Handlungsstruktur verstümmelt und wie vor allem jeder zwischenmenschliche Akzent radikal eliminiert wird, das ist schon fast kriminell, und wenn ich den Roman nicht kurz vorher noch mal quergelesen hätte, wäre mir die eigentliche Substanz völlig verborgen geblieben. Rowling ist durchaus etwas langatmig, zugegeben, aber sie legt starken Wert darauf, vor allem Harry und seinen Altersgenoss/innen viel Raum zur Entwicklung ihrer speziellen pubertären Querelen zu geben, wovon im Film nur noch Andeutungen, Fragmente erhalten geblieben sind. Fast

alle Personen verkommen hier zu Randfiguren, werden vom Spektakel erdrückt, die gesamten detaillierten und auch noch immer komischen Schilderungen des Schulalltags fehlen, Leute wie Malfoy, Snape oder auch Hagrid tauchen fast gar nicht auf (die Dursleys z.B. wurden durchaus sinnvoll weggelassen), doch selbst die Actionhighlights beim trimagischen Turnier werden fast hastig und völlig verkürzt dargeboten, so als habe Newell seinen Schnittmeister beim final cut immer mit der Stoppuhr drangsaliert, damit bloß ja nichts zu lang gerate. Die ganze Quidditchweltmeisterschaft ist im Film ein Witz und hätte in dieser Form sogar auch noch wegfallen können, denn sie macht fast keinen Sinn, die gesamte Einführung der Handlung in Hogwarts ist dramaturgisch gesehen ein Trümmerfeld, zahlreiche Nebenhandlungen sind total gekappt (allein Hermiones Engagement für die Hauselfen zurecht) und sämtliche Beteiligten mit Ausnahme Harrys haben null Entfaltungsmöglichkeit, was angesichts der wie immer zahlreich versammelten Schauspielprominenz doppelt wehtut. Wie gesagt, wer das Buch nicht kennt, wird teilweise Verständnisprobleme haben. Das letzte Drittel ist dann besser gelungen, dichter und ziemlich spannend, wie überhaupt der ganz Film natürlich ein gekonnt gestyltes Stück Entertainment und die Verbildlichung der Vorlage teilweise frappierend ist, das alles kann für mich aber nicht darüber hinwegtrösten, daß hier ein Stück Literatur, wie immer man es auch beurteilen mag, extrem lieblos zerstückelt und fast schon brutal auf die Gesetze des Kommerz’ reduziert, daß jegliche Feinheit, jeder Zwischenton im Schweinsgalopp überrannt wurde. Bislang der schwächste Film der Serie nach dieser Erfahrung erwarte ich im Hinblick auf die noch folgenden ehrlich gesagt nichts Gutes. (14.1.)