Im Schwitzkasten von Eoin Moore. BRD, 2005. Charly Hübner, Christiane Paul, Laura Tonke, Andreas Schmidt, Esther Zimmering, Edgar Selge, Franziska Walser, Steffi Kühnert, Gabriela Maria Schmeide
„Im Schwitzkasten“ heißt die Sauna, die die Geschwister Nadine und Jost in Berlin betreiben, und wo sich regelmäßig am Donnerstag zwischen Dusche, Fango und Aufguß ein ganz spezielles Klübchen eintrifft. Dieses Klübchen ist so etwas wie das Neue Deutschland en miniature, so irgendwo zwischen Hartz-IV, Ich-AG, Trennungsstreitigkeiten, Jobverlust und -suche, Finanzkrisen, handgeschmiedeten Investitionsversprechen undsoweiter. Es kommen zusammen ein arbeitsloser und geschiedener Wochenendvater, dessen Ex, die zwischen Versicherungen und Parfüms alles verkauft, was sich nur verkaufen läßt, eine just arbeitslos gewordene Stewardeß – pardon, Flugbegleiterin -, der intellektuelle Gatte und Redenschreiber einer Bundestagspolitikerin, eine für Afrika engagierte und in allem total unentschlossene junge Frau und ebenfalls Hartz-IV-Kandidatin, und eben die beiden Besitzer, die zusammen mit der Sauna langsam aber sicher den Bach runtergehen und sich schließlich getrennt neu orientieren werden. Denn: Teutschland im Jahre 2005 ist vielleicht zum größten Teil pleite oder arbeitslos oder wenigstens doch getrennt lebend, aber noch nicht völlig resigniert.
Nach dem zum Teil bitter harten „Pigs will fly“ findet Eoin Moore hier wieder zu dem lockeren, eher leichten Stil der früheren Werke zurück und er wird eher noch ein Stückchen leichter. Dies ist sein bislang witzigster, vielleicht auch schönster und zärtlichster Film, wenn auch vielleicht nicht sein gehaltvollster. Dabei kommen jede Menge tiefernster und zum Teil richtig beklemmender Themen zur Sprache, solche Themen, mit denen wahrscheinlich jeder direkt oder indirekt schon mal konfrontiert wurde oder bestimmt noch werden wird. Und wundersamerweise werden diese Themen nicht mal verharmlost oder irgendwie lächerlich gemacht, ganz im Gegenteil, man spürt genau die – man verzeihe das obszöne Wort - Betroffenheit aller Beteiligten, es gelingt diesen Leuten aber ganz prima, das Schwere leicht zu sagen, eine Art Gleichgewicht zu halten ohne zu seicht oder zu betroffen zu klingen. Moore hat zusammen mit seinen Darstellern das Drehbuch offenbar weitgehend improvisiert, und er hat ein ganz wundervolles Ensemble gefunden, jeder einzelne ist hinreißend, man spürt ihren Spaß an dem Projekt und ihren Spaß an der Zusammenarbeit, und selten habe ich einen deutschen Film von solcher Entspanntheit und Lockerheit gesehen, der nicht zugleich total doof ist. Manchmal wiehert man pausenlos vor Vergnügen über satirischen Biß oder allerlei groteske Situationen (Stichworte wären etwa „Spargelaufguß“ oder „Bioschlamm aus Guayana“...), manchmal wird’s auch richtig traurig und zum Schluß hübsch makaber, wenn unser Redenschreiber während eines besonders heftigen Aufgusses das Zeitliche segnet und die anderen nun hektisch überlegen, wie man den Todesfall noch zum Versicherungsfall machen kann und in Folge dessen einer allzu gutmütigen Polizistin eine haarsträubende Story aufgetischt wird. Wichtig ist, daß es nicht darum geht, das alles möglichst differenziert darzustellen, denn die Lust am Übertreiben und Überzeichnen ist deutlich spürbar, und daß es auch nicht darum geht, hier nun einen ganz ernsthaften soziologischen Beitrag zur Diskussion der gegenwärtigen Stimmungslage in diesem unserem Lande beizusteuern, denn dazu ist die Lust am Komischen und auch mal Albernen ebenfalls zu stark. Die Kunst liegt darin, alles irgendwie unter den sprichwörtlichen Hut zu bekommen, und ich finde, daß das Moore und seinen Schauspielern hier sehr schön geglückt ist. (30.3.)