King Kong (#) von Peter Jackson. Neuseeland/USA, 2005. Naomi Watts, Adrien Brody, Jack Black, Thomas Kretschmann, Jamie Bell

   Zuerst könnte man sich mit einiger Berechtigung fragen, ob die Welt wirklich einen x-ten King-Kong-Aufguß braucht – ich zum Beispiel hätte ganz gut ohne leben können. Dann könnte man sich weiter fragen, ob Meister Jackson nach seiner phänomenalen Hobbit-Trilogie das viele viele Geld, das ihm fortan für jedes neue Entwurf zur Verfügung stehen wird, nicht für irgend etwas äh Sinnvolleres hätte ausgeben können – es hätten sich bestimmt reichlich Projekte angeboten. Aber die Dinge sind wie sie sind – die Welt hat einen x-ten King-Kong-Aufguß bekommen und Meister Jackson hat sich nach eigener Aussage einen Jugendwunsch erfüllt (mit der Kleinigkeit von ungefähr 200 Millionen Dollar im Rücken...), und also muß man das Gegebene hinnehmen und den Film so betrachten, wie er sich uns in volle Breite und Lautstärke darbietet, nämlich als den Film eines großen kleinen Jungen, der große Bilder und große Gefühle liebt und für den es auf technischem Gebiet offensichtlich überhaupt keine Einschränkungen mehr gibt.

   Daß der Mann nichts weniger als neue Maßstäbe für das Genre und das populäre Unterhaltungskino überhaupt schaffen würde, war eigentlich vorauszusehen, denn Meister Jackson liebt es wie gesagt groß, ganz groß. Gleichfalls war vorauszusehen, daß er dem Genre eine respekt- und liebevolle Reverenz erweisen würde, und also folgt er weitgehend dem Originalfilm von Cooper und Schoedsack, legt die Handlung wieder in die frühen Dreißiger, führt uns ein digitales New York zur Depressions- und Prohibitions- und gleichzeitig besinnungslosen Vergnügungszeit vor (natürlich auch dies schon mit maximaler Akribie) und bleibt anders als etwa Guillermin 1976 im Filmmilieu, mit Jack Black als egomanischem, abenteuerlustigen Regisseur, Adrien Brody als anfangs zaghaftem, aber zunehmend couragierten Theaterautor und Naomi Watts als erfolgloser, halbwegs hungernder und deshalb zu fast allem entschlossener Schauspielerin. Diese Darsteller sind superb gewählt – Black gibt seiner Rolle gerade genug Touch von Camp und Trash, um immer etwas Selbstironie durchscheinen zu lassen, Brody ist von Haus aus schon alles andere als ein seichter Heldentyp und hat auch hier genug Charisma um unser Interesse wach zu halten, und Naomi Watts – ja, die ist einfach nur zum Dahinschmachten, und wir Chauvis tun dies dann auch drei volle Stunden lang mit viel Genuß, während die Mädels rechts und links schon mal die Tempopackungen aufreißen. Neben Watts ist aber der Affe durchaus ein gleichberechtigter Star, und hier kann Jackson gegenüber den Vorgängern eindeutig eigene und auch sehr schöne Akzente setzen, oder vielleicht sind die gar nicht mal neu, er formt sie nur einmal in gebührender Deutlichkeit und Länge aus, das heißt im Klartext, die Lovestory zwischen den beiden doch recht ungleichen Partnern wird endlich mal so richtig entfaltet, mit Herz und Charme und auch viel Humor (allerdings darf die schöne Naomi, anders als einst Jessica Lange, leider nicht unter einem Wasserfall baden, und unsereins hätt’s doch zu gern gesehen!). Da wird geflirtet, da wird gespielt, da setzt Ann ihre speziellen weiblichen Waffen gegen sein Machogebrüll und -getobe, da wird auch mal gezickt und auf beleidigt gemacht, kurz, es ist eine echte Mann-Frau-Kiste und zugleich eine wirkliche Freude, natürlich auch deshalb, weil dank der Technik dem Affen ganz neue mimische Möglichkeiten zur Verfügung stehen und er ein echter Partner für die Frau ist.  (Fiesköppe werden bestimmt behaupten, der Affe sei ihr mimisch sogar überlegen – stimmt aber gar nicht!) Jackson nimmt all dies vollkommen ernst, bewegt sich bewußt (?) am Rand der unfreiwilligen Komik, doch er bleibt auf der richtigen Seite, man spürt einfach, daß hier wahre Gefühle im Spiel sind, so wie es Guillermin auch bereits, wenn auch viel zu kurz und knapp, angedeutet hatte. Sogar in New York findet sich inmitten der atemlosen Materialschlacht (dazu mehr siehe unten...) noch die Muße für ein zauberhaftes Eistänzchen, und hier wird nicht nur die Zärtlichkeit des Affen für die schöne blonde Frau verständlich, auch sie ist an diesem Verhältnis beteiligt und keineswegs nur das ewig kreischende, zappelnde Opfer.

   Als kleine Schwäche würde ich Jackson hier ankreiden, daß er manchmal einfach zu viel des Guten tut, vor allem die Saurier- und Ekelwurmaction auf der Insel kommt mir ein wenig zu breit ausgewalzt vor, zumal sie auf Dauer vom eigentlich wichtigen Geschehen abzulenken droht. Natürlich sind die Fights zwischen King Kong und den Dinos rasant choreographiert und in dieser Form sicher ohne Beispiel, und natürlich werden uns die von überall herankriechenden und krabbelnden riesenhaften Schleim- und Wurm- und Spinnen- und Würgviecher noch im Traume verfolgen, und natürlich ist die minutenlange Saurierstampede absolut spektakulär, und auch die Eingeborenen wirken im Vergleich zu den einfältigen Folklorebimbos aus dem Original wie waschechte Ausgeburten der Hölle und sind noch viel bedrohlicher als etwa unser großer bepelzter Freund, aber man sieht insgesamt doch deutlich, daß mit Jackson immer mal der alte Horrorfreak durchgegangen ist und der kleine Junge sowieso. Das macht ihn zwar sympathisch, ist aber dem Film meiner Meinung nach nicht ganz so dienlich.

 

   Unter dem berühmten Strich aber bleibt ein großes Kinoerlebnis ganz nach den Regeln des Business, das in Breitwand und voller Lautstärke genossen werden möchte, Popcornkino der guten alten Schule, drei Stunden das volle Brett, und wer wie ich ab und zu mal Spaß an so was hat, der ist bei Jackson natürlich mal wieder an der richtigen Adresse. Und ob die Welt das wirklich braucht, ist nach diesen drei fulminanten Stunden auch irgendwie unerheblich. (5.1.)