Wer früher stirbt, ist länger tot von Marcus Hausham Rosenmüller. BRD, 2006. Markus Krojer, Fritz Karl, Jule Ronstedt, Jürgen Tonkel, Saskia Vester, Franz Xaver Brückner, Johann Schuler, Sepp Schauer

   Sebastian ist erst elf und hat in der Tat mit dem Tod schon einige Bekanntschaft gemacht, jedenfalls hält er selbst sich für einen echten Unglücksbringer, nachdem er in diverse Unfälle verwickelt wurde und ihm sein Bruder vorwirft, Schuld am Tod der Mutter zusein, denn die starb bei seiner Geburt. Im Traum erscheint er bereits vor einem himmlischen Schwurgericht, das drauf und dran ist, ihn angesichts seiner bereits vollbrachten Missetaten zu mindestens zwanzig Jahren Fegefeuer zu verurteilen. Sebastian hat also nicht mehr viel zu verlieren und ist fortan entschlossen, das Schicksal herauszufordern: Er möchte ein unsterblicher Gitarrenstar wie Jimi Hendrix werden und er möchte Gutes tun, zum Beispiel seinem Vater endlich eine neue Frau finden. Beides erreicht er womöglich sogar, wie das jedoch vonstatten geht, muß man einfach gesehen haben.

   Lange schon habe ich über einen deutschen Film nicht mehr so gelacht, und dabei geht Autor/Regisseur Rosenmüller durchaus ein gewisses Wagnis ein, denn mehr als einmal überschreitet er mit vollem Umfang die Grenze zur wilden Dorfburleske, aber gerade wie er das tut, ist so umwerfend witzig und charmant, dass man einfach nicht genug kriegen kann von Sebastians skurrilen Abenteuern. Diese Abenteuer sind tiefschwarz gewürzt mit gesprengten Hasen, gemeuchelten Hühnern, Telefonanrufen und anderen Nachrichten aus dem Jenseits, einer Schussfahrt ins Heu im Krankenbett und einer Geistershow im nächtlichen Weiher, sie präsentieren zugleich einfühlsam und herrlich überdreht die Ängste und Nöte eines Elfjährigen, der noch nicht pubertär genug ist um die Avancen der natürlich schon unendlich weiter entwickelten Schulfreundin zu kapieren oder mit Begriffen wie „vögeln“ oder dem sprichwörtlichen „gescheiten  Arsch“ bedachtsam umzugehen, der aber andererseits nicht mehr Kind genug ist, um nicht doch sehr plastische Vorstellungen von Himmel und Hölle zu entwickeln und diese mit seinen täglichen Erfahrungen in Verbindung bringen zu können. Die Erwachsenen sind für ihn selten hilfreich – entweder sind sie zu sehr mit ihrer eigenen Libido beschäftigt oder eben dem Mangel daran oder sie unterschätzen Sebastians Vorstellungskraft und die Intensität seiner Gefühle und Ängste, nehmen alles auf die leichte Schulter und versorgen ihn mit unsinnigen Ratschlägen, die er allerdings sehr ernst nimmt und prompt  umzusetzen versucht. Natürlich weichen die Resultate seiner Anstrengungen meistens beträchtlich von ihrem eigentlichen Ziel ab, doch in seinem fieberhaften Eifer, der zum Teil fast an Wahn grenzt, lässt er sich nicht von seinen Vorhaben abbringen. Die zwangsläufig entstehenden absurden und turbulenten Situationen haben zum Teil einen durchaus ernsten Hintergrund, und Rosenmüller hat es sehr gut hingekriegt, dieses ernsthafte Element nicht total im Slapstick absaufen zu lassen, und so wirkt der Film bei allem Spaß sehr ausgewogen. Die beteiligten Figuren sind keine Karikaturen, Rosenmüller erweist ihnen seinen Respekt und seine Zuneigung, und gerade das ist entscheidend für eine gute Komödie.

 

   Eine Art moderner bayerischer Dorfschwank also mit viel heftigem Dialekt, den man manchmal für uns Saupreußen besser untertitelt hätte, trotzdem mit einer sehr universalen Komik,  mit ein paar wunderschönen Bildern aus dem idyllisch grünen Alpenvorland, vielen tollen Typen (vor allem der Sebastian wird gut gespielt) und einer Handvoll Situationen, die man nicht schildern kann, die man vielmehr genießen muß. (17.12.)