Combien tu m’aimes? (Wie sehr liebst du mich?) von Bertrand Blier. Frankreich, 2005. Monica Bellucci, Bernard Campan, Gérard Depardieu, Jean-Pierre Darroussin, Edouard Baer, Farida Rahouadj, Sara Forestier

   Nachher kann dann die Diskussion losgehen, so richtig schön im Kreis herum, und mit ziemlicher Sicherheit wird man zu keinem definitiven Ergebnis kommen, weil beide Seiten recht haben und weil es auch genug Argumente für beide Seiten gibt. Bertrand Blier wird daran sicherlich seine Freude haben, denn genau auf diese Doppeldeutigkeit hat er es anscheinend abgesehen, und ein Blick auf seine anderen Filme (zum Beispiel „Mein Mann“ oder „Zu schön für dich“) bestätigt den Verdacht.

   Ist das nun also eine ungenierte Machophantasie oder ist das nur die Parodie auf eine Machophantasie? Daran werden sich die Geister scheiden, und ich selbst habe gemerkt, daß ich mehrmals während des Films von der einen zur anderen Meinung schwenkte, mal ein bißchen verärgert, mal auch etwas amüsiert, weil Blier durchaus sehr geschickt vorgeht und immer ein neues Thema in den Topf wirft, nur hatte ich am Schluß das Problem, daß mir die Suppe ein bißchen zu trüb wurde und ich keine rechte Ahnung mehr hatte, wohin der Weg nun eigentlich gehen sollte. Eins ist aber klar – ernst gemeint ist nichts von allem hier. Natürlich könnte es um Käuflichkeit von Liebe und Gefühl gehen, überhaupt um die Frage nach der Bedingung für Liebe, es könnte um Frauen- und Männerbilder gehen, um Vorurteil und Toleranz und so weiter. Ein Mann kauft mit einem großen Lotteriegewinn eine Hure auf Zeit, kriegt dann Ärger mit deren Zuhälter (der sich aber „ihr Mann“ nennt, eine typischer Blier-Gag) und weil er nicht bereit ist, vier Millionen für die Frau zu bezahlen, und überhaupt, weil er die vier Millionen gar nicht hat, der Lotteriegewinn nämlich nur geschwindelt war. Ob nun aber die Hure doch bei ihm bleibt und ob sie ihm dann treu bleibt, hat sich mir nicht mehr ganz erschlossen, weil die letzten zehn Minuten in einer wüsten Nachbarschaftsparty untergehen, Realität und Phantasie immer stärker ineinander übergehen und nicht mehr trennbar sind und sich Blier dann offenbar entschieden hat, auch noch den letzten Rest Klarheit dranzugeben.

 

   Monica Bellucci hat also reichlich Gelegenheit, ihre Haut herzuzeigen (mir reicht’s jetzt jedenfalls erst mal) und auf supersexy zu machen, und so übertrieben wie sie das tut, kann ich mir schon vorstellen, daß doch eher eine ironische Haltung dahintersteckt. Die Bellucci ist die fleischgewordene Projektion all unserer feuchten Männerträume, so soll es jedenfalls aussehen, und es kommt schon so rüber, als würde Blier uns schwanzgesteuerte Kerle dauernd piesacken und sagen „Schaut her Jungs, ist es nicht das, wovon ihr träumt, wenn ihr mal ehrlich seid? Wollt ihr die Frauen nicht in Wahrheit genau so haben?“ Wie also wollen wir die Frauen haben? Sexy, willig, schwach, aber nicht zu schwach, treu, käuflich oder oder oder? Kriegt man sie mit Geld, kriegt man sie mit Wärme und Aufmerksamkeit und wie hält man sie dann? Wer Lust hat, kann über solche Dinge nachdenken, andere werden vielleicht eher die ganze Zeit kichern über die vielen Albernheiten und gezielt gestreuten Zoten und Provokationen (der rüpelhafte Lude, die neugierigen Kollegen, die scharfe Nachbarin usw.) oder sich darüber ärgern, denn wer diesen Sinn für Humor nicht hat, wird sich vielleicht eher vor den Kopf gestoßen fühlen. Mit solchen Motiven – weibliche Unterwerfung, männliche Dominanz - hat Blier immer gern jongliert und todsicher empörte Reaktionen geerntet, und wenn ich mir diesen neuen Film hier so ansehe, denke ich, daß man das ganze bitte nicht so ernst nehmen soll. Das ist ein sehr französischer Film (auch das natürlich ein Klischee!) – verspielt, frivol, leicht und eben sehr doppeldeutig was die Absichten und die Haltung des Autors angeht. Ich find’s ganz unterhaltsam, aber eigentlich nicht wirklich gehaltvoll, und zum Schluß wird mir die Geschichte zu konfus und die Figuren werden endgültig auf Comicniveau heruntergefahren. Damit verdirbt sich Blier selbst ein wenig die Show, denn bis zehn Minuten vorher waren noch alle Möglichkeiten für reizvolle Irritationen gegeben. (5.9.)