Berlin am Meer von Wolfgang Eißler. BRD, 2007. Robert Stadlober, Anna Brüggemann, Axel Schreiber, Jana Pallaske, Claudius Franz
Obwohl ich wirklich kein Berlinfan bin, oder besser gesagt kein Fan des allgegenwärtigen Berlinkultes, in dem die Stadt zum angesagtesten In-place des Universums hochstilisiert wird, und obwohl zur Zeit in Bielefeld nun wirklich keine sommerliche Atmosphäre herrscht (und auch sonst nie!), ist dies ein ganz prima Film, weil er in Bild und Ton einfach toll rüberkommt. Sommer in der Großstadt, jung sein, Student sein (also eigentlich nichts tun müssen), sich treiben lassen von Event zu Event oder einfach auf der Spree, nachts auf die Piste, in den Tag reinpennen, einem gelegentlichen Abenteuer mit dem anderen Geschlecht und/oder gewissen bewusstseinerweiternden Substanzen nicht abgeneigt sein und dann plötzlich doch die ganz große Liebe erleben. Alles ziemlich versponnen, überdreht, stylish und romantisch, aber von den Beteiligten mit soviel Enthusiasmus und Temperament vorgetragen, dass ich selbst gelegentliche Klischees oder Plattheiten nicht weiter schlimm finde.
Tom wohnt mit ein paar Freunden in einer WG, schreibt selbst Musik und legt gemeinsam mit Malte in Clubs auf. Er versucht seit längerem im Stille, als ernsthafter Musiker und Komponist zu landen, wird aber von allen Hochschulen abgelehnt. Als Mitchs Schwester Mavie aus München für einen Monat zu ihnen zieht, gerät die scheinbar unbeschwerte Welt der Jungs ein wenig in Unordnung. Mavie ist zunächst wenig empfänglich für den speziellen Berliner Snobismus und den Schmuddelcharme der Herren-WG, wird von ihrem Bruder betont mies behandelt, und ihre Annäherung an den etwas linkischen Tom vollzieht sich so langsam, dass sogar Malte in einem alkoholisierten Moment dazwischen funken kann. Malte, eigentlich eher ein liebenswerter Chaot, kriegt überhaupt alles, was Tom eigentlich will, er wird ratzfatz auf der Musikhochschule genommen und, weil er dann doch nicht will, kriegt er eben einen Plattenvertrag, was Tom dann letztlich so frustriert, dass er Berlin verlassen und zurück nach Hause fahren will. Am Bahnhof (dem neuen Berliner Prestigebau...) gibt’s dann aber doch ein rauschendes Happy End und das Hohelied der ganz großen Liebe wird einmal mehr angestimmt.
Mehr ist nicht dran und mehr ist auch nicht zu sagen, trotzdem macht das viel Spaß, ist von Stadlober, Pallaske und Konsorten super gespielt und gerade so modisch aufgepeppt, dass es in sich stimmig ist und auch älteren Semestern wie mir nicht auf den Keks geht. Ich liebe dieses summer-in-the-city-Gefühl sehr, die warmen Nächte auf dem Dach, vor dem Haus, auf den Straßen oder sonst wo, kann den warmen Asphalt hier förmlich riechen, und bereue einmal mehr, nicht selbst in einer tollen Großstadt aufgewachsen zu sein oder mir zumindest vom Ambiente meiner piefigen Heimatstadt nicht mehr genommen zu haben, als die Zeit dazu das war. Ob das alles nun sonderlich viel Substanz hat oder so ist mir schietegal, meinetwegen tauche ich eben mal für anderthalb Stunden ab in eine verklärte Sommerromanze, aber wenn sie so gut gemacht ist wie diese – pourquoi pas? (21.1.)