CSNY – Déjà Vu (#) von Bernard Sharkey. USA, 2007. David Crosby, Stephen Stills, Graham Nash, Neil Young
Diese vier Typen waren nie gerade meine Favoriten, obwohl sie, zum Teil noch als Buffalo Springfield immerhin einige essentielle Songs ihrer Zeit aufgenommen haben, um sich dann allerdings in endlose Egogefechte zu verstricken und größtenteils mehr oder weniger in der Versenkung zu verschwinden. Neil Young allerdings hat nie aufgehört (wie immer man dazu stehen mag...), und nun hat er auf seine alten Tage die alte Crew noch einmal zusammengetrommelt, um seiner Wut und Empörung über George Bushs Irakkrieg Ausdruck zu verleihen und um dem Scheißpräsidenten mal ordentlich an die Karre zu pinkeln. Dieser Film ist zum Teil Dokument ihrer Tour durch die gesamten Staaten, aber er ist noch mehr, er ist eine Collage aus Erinnerungen aus den Tagen von Woodstock, Vietnam und Kent State/Ohio, Dokumentaraufnahmen aus dem aktuellen Krieg, Interviews mit Marines, Hinterbliebenen, Journalisten und Radioredakteuren, er ist eine Art Stimmungsbild zum Thema und zu den verschiedenen Reaktionen auf Youngs Initiative. Erwartungsgemäß spaltet er sein Publikum, trifft auf begeisterte Zustimmung und ebenso intensive Ablehnung, findet darin aber auch seine Bestätigung als Künstler, denn in seinen Augen ist Kunst, die keine Gefühle erzeugt, verfehlt und verschwendet.
Dies ist auf jeden Fall kein Konzertfilm, die durchaus schwankende künstlerische Qualität der Darbietungen steht ausdrücklich nicht zur Debatte, aber es gibt zwischendurch schon mal ein paar Minuten Musik mit vier alten Säcken, die zusammen locker zweihundertfünfzig Jahre auf die Bühne bringen, zum Teil doch ziemlich gezeichnet sind vom Lauf der Zeit und trotzdem in manchen Momenten eine gehörige Energie freisetzen und ihre Gitarren nach alter Weise grummeln und krachen lassen. Young, der ewig archaische, eigensinnige Holzfällerocker, hat in seinem typischen Stil unverblümte, direkte und manchmal fast schon naive Politsongs geschrieben, die die vier dem Publikum nun ungeschliffen und rau um die Ohren hauen. Sie sind mit Herzblut dabei und witzigerweise erfrecht sich nun niemand mehr, Neil Youngs Position als Leitwolf anzuzweifeln, denn wie David Crosby treffend bemerkt, sie alle sind gern dabei, doch nur Young steckt seine ganze Zeit und seinen ganzen Enthusiasmus in das Projekt, er schreibt die Songs, er gab den Anstoß, und nun treten all die anderen Egomanen, offenbar endlich gesittet und gereift, hinter ihn zurück, ohne sich dabei zu verstecken. Sie engagieren sich für Lokalpolitiker, für soziale Stiftungen, die ermutigen Veteranen, sich zu organisieren und zu artikulieren, um nicht wieder wie damals nach Vietnam vergessen, verdrängt und an den Rand der Gesellschaft geschoben zu werden. Es gibt ein paar sehr bewegende Momente, Eltern, die ihre Jungs im Irak verloren haben, Vietnamvets, die frustriert und hilflos mit ansehen müssen, wie sich die Geschichte Punkt für Punkt wiederholt, und heimgekehrte Marines, die ihre Erfahrungen nun selbst in Songs verarbeiten oder in soziale Einrichtungen einbringen wollen.
Zwischendurch werden als Kontrast auch viele kritische und böse Stimmen laut, Konzertbesucher, die sich bevormundet und ausgenutzt fühlen, empörte Rednecks, die sich in ihren patriotischen und moralischen Empfindungen verletzt fühlen, aufgeregte Radioleute, die Young Hochmut und Arroganz vorwerfen, der nur jemand, der selbst den Kopf hingehalten hat, darf sich kritisch äußern, so glauben sie. Und linke Polittexte sind in den USA, zumal im dunklen Süden, allemal suspekt, das weiß natürlich Neil Young selbst am besten und es kümmert ihn nicht die Bohne, im Gegenteil, es scheint seinen Trotz noch zu beflügeln.
Dennoch hat man als Europäer den Eindruck, dass es drüben doch noch eine Handvoll Leute gibt, die kritisch, mutig und verantwortungsbewusst sind und um politischen und gesellschaftlichen Einfluss kämpfen. Ob man die Haltung der USA im Ganzen auf Dauer wirklich mal ändern kann, ist sicher mehr als zweifelhaft, doch bis dahin ist es schon beruhigend, ab und zu mal ein Signal der Vernunft aus einem Land zu empfangen, das sich zwar anmaßt, die Welt zu regieren, dessen Politiker es aber leider in erschreckendem Maß eben an Vernunft fehlen lassen. (9.9.)