El orfanato (Das Waisenhaus) von Juan Antonio Bayona. Spanien, 2007. Belén Rueda, Fernando Cayo, Roger Princep, Mabel Ribeira, Geraldine Chaplin

   “The Others” meet “Pans Labyrinth” oder so ähnlich – natürlich bieten sich derartige Vergleiche an, vor allem wenn im Vorspann gleich als erster Guillermo del Toros zugkräftiger Name als ausführender Produzent erscheint und das Motiv des großen alten Spukhauses gleichermaßen an Alejandro Amenábars schönen Gruselfilm erinnert, und trotzdem weist Regisseur Bayona selbst auf eine längere spanische Tradition hin (Victor Erice oder einige Sachen von Saura), die nur hierzulande längst vergessen ist, weil man jahrelang so gut wie gar keine spanischen Filme mehr zu sehen bekam. Die Erfolge - auch ambitionierter Gegenwartsfilme - in den letzten Jahren könnten allerdings zu einer Renaissance führen, was angesichts der durchweg beachtlichen Qualität des neueren spanischen Kinos mehr als berechtigt und wünschenswert wäre.

   Das hier ist jedenfalls ein hübscher Fall für Genießer guter altmodischer Unterhaltung, wobei der Reiz wie so häufig darin liegt, dass man das meiste schon kennt oder vorausahnen kann und sich daher darüber freut, wie mehr oder weniger gekonnt der Filmemacher mit diesen unseren Erwartungen umspringt. Und was das angeht, braucht sich Bayona kaum hinter seinen oben genannten Kollegen zu verstecken. Er gibt uns ein richtig schönes Spukhaus, weit draußen bei der wilden stürmischen Küste, er gibt uns ein dunkles Geheimnis von vor langer Zeit, er gibt uns eine Handvoll misshandelter Kinder, deren Geister seither rastlos spuken, und er gibt uns ein ahnungsloses Ehepaar, das just diesen unheilvollen Ort ausgesucht hat, um ein neues Heim für behinderte Kinder zu eröffnen. Mit von der Partie ist ihr kleiner Junger, eigentlich nur ein Adoptivkind, HIV-positiv und von fragiler Konstitution, doch gerade die Frau liebt ihn abgöttisch, und als er eines Tages völlig unerklärlich verschwindet und auch nach sechs Monaten nicht auftaucht, rastet die Dame ziemlich aus. Zugleich taucht ein unheimliches älteres Mütterchen auf und es mehren sich, durch ein Medium bestätigt, die Hinweise auf übernatürliche Vorgänger in dem alten Gemäuer. Mutti schickt schließlich den zweifelnden und zaudernden Gatten fort und sucht allein Kontakt zu den Geisterkindern, und als sie ihn tatsächlich herstellen kann, ist ihr eigenes Schicksal auch schon besiegelt.

   Hört sich schräg und schaurig an und ist auch genau so, mit viel Stil und Hingabe und Liebe zum Genre gestaltet und streckenweise mörderisch spannend. Letztlich setzt sich ein eher märchenhafter Ton durch, sodass uns gottlob irgendwelche Splatterexzesse erspart bleiben, denn bis auf ganz gelegentliche explizitere Schocks geht es hier vor allem um Atmosphäre, um jähes Türenklappern, Gewitter in der Nacht, krächzende Dielenbretter und einen geheimnisvollen Schuppen draußen im Park. Alles schon gesehen, alles schon da gewesen, und gerade deshalb baut sich rasch eine wohlig-gruselige Vorfreude auf, die in jeder Hinsicht auch befriedigt wird. Vielleicht hätte man die schöne Höhle in den Felsklippen noch besser nutzen können und vielleicht hätte Mami nicht ganz so hysterisch sein müssen, aber immerhin ist sie auch der Katalysator der gesamten Story, denn ohne ihr wild entschlossenes rastloses Forschen und Fahnden hätten sich all die vielen schönen Dinge gar nicht ereignen können. Belén Rueda gestaltet das als eine eindrucksvolle one-woman-show, der Kameramann weiß genau, von wo aus man das ominöse Geschehen am wirkungsvollsten aufnimmt, und bei soviel Engagement und Ernsthaftigkeit macht die Sache auch den Zuschauern Spaß, die aus jahrelanger Anschauung schon eine gewisse Distanz mitbringen, denn die kann man unter diesen Umständen auch für hundert Minuten gerne mal vergessen. (14.2.)