Le fils de l’épicier (Der fliegende Händler) von Eric Guirado. Frankreich, 2007. Nicolas Cazalé, Clotilde Hesme, Daniel Duval, Jeanne Goupil, Stéphan Guérin-Tillié, Paul Crauchet, Chad Chenouaga
Dem Motiv „Leben auf dem Lande“ haben die Franzosen schon oft hübsche Filme abgerungen – mal bukolisch, mal idyllisch, mal frivol, mal heiter-verschmitzt, mal heiter-ironisch, immer aber schön anzuschauen und für genervte Städter natürlich genau die richtige Therapie. „Der fliegende Händler“ fügt dem umfangreichen Kanon nun eine weitere Delikatesse hinzu, und ich merke schon, dass ich mich in diesem Jahr intensivst mit dem ungeliebten Genre „Wohlfühlfilm“ (beurk!) auseinander zu setzen habe, denn dies ist natürlich auch einer, aber wieder einer von der Sorte, mit der ich gut leben kann.
Antoine ist vor zehn Jahren dem Landlebnen entflohen und nach Lyon ausgerückt, wo er sich mehr schlecht als recht durchschlägt und sich eher in der Rolle des launischen Filou gefällt. Seine Nachbarin Claire, mit der ihn eine bislang nur platonische Freundschaft verbindet, versucht ihn ein bisschen bei der Stange zu halten, und sie ist es auch, die ihn überredet, für den erkrankten Vater einzuspringen und den fahrenden Verkaufsladen für kurze Zeit übergangsweise zu betreiben und die Mutter, die den Kaufladen führt, zu unterstützen. Eigentlich kann er sich weder für seine Eltern noch für seinen Bruder und erst recht nicht für die Rückkehr nach Hause erwärmen, und sein oft arrogantes und unfreundliches Verhalten vergrault vorübergehend sogar Claire, auch nachdem sich die beiden endlich näher gekommen sind, doch irgendwie gewöhnt er sich dann doch an den neuen alten Lebensrhythmus und findet Gefallen am Kontakt mit den schrulligen Alten in den kleinen Dörfern und auf einsamen Höfen, und nachdem er sich sogar mit dem ebenso bockigen Herrn Papa versöhnt hat und auch Claire wieder zur Stelle ist, steht einem Happy End im bunten Verkaufsmobil nichts mehr im Wege.
Eine alles in allem sehr überschaubare und vorhersehbare Geschichte (entfremdeter Städter findet zu sich und seinen Wurzeln zurück etc...), die allerdings auf sehr frische und angenehme Weise vorgetragen wird. der Film biedert sich nicht beim Publikum an, bleibt wie seine Personen immer ein kleines bisschen störrisch und sperrig und vermittelt trotz seine optischen Reize nie den Eindruck platter Postkartenidylle. Natürlich sind die Landschafts- und Stimmungsbilder im intensiven Licht des Südens wunderbar, doch haben sie nie den seifig-triefenden Appeal vieler herkömmlicher Produktionen, der einem so häufig den Spaß verdirbt. Der Humor ist schnell und forsch, die einzelnen Typen kantig und unkonventionell und die Schauspieler passen sich diesem Ton sehr gut an. Wer träumt nicht mal davon, die Alltagsroutine zwischen Asphalt und Beton hinter sich zu lassen und ganz auszusteigen, ganz neu anzufangen und vielleicht auch ganz andere Werte und Schönheiten zu entdecken, wobei das vielleicht die gleichen sind, vor denen man einst in die Stadt floh. Egal, allzu tiefgehend ist der Film zweifellos nicht, aber er ist sehr schön anzuschauen, sehr unterhaltsam und auf charmante Art auch ziemlich französisch, also alles in allem eine nette Sache für müde Stadtmenschen wie mich. (29.4.)