Mongol (Der Mongole) von Sergej Bodrow. Russland/Kasachstan/BRD, 2007. Tadanobu Asano, Sun Hong-Lei, Khulan Chuluun, Odnyam Odsuran, Amarbold Tuvinbayar

    Na gut, wenigstens kein Film über weinende Kamele, gelbe Hunde oder Typen, die ihre Pferdepeitsche in die Steppe rammen, wenn sie ihr Weib besteigen wollen. Keine knuddeligen Bilderbuchmongolen fürs konsensfähige Ethnokino, gottseidank, was aber nicht bedeuten soll, dass Sergej Bodrow eine wirklich gelungene Alternative vorgelegt hat. Historienkino von der opulenten, der wuchtigen Sorte, und falls Bodrow daran gelegen gewesen sein sollte, den vielfach verzerrten Mythos von Dschingis Khan zurechtzurücken, so hat diese Absicht wenigstens bei mir wenig Resonanz erfahren, denn zum einen bin ich historisch ziemlich unbedarft was mongolische Geschichte im 12. Jahrhundert angeht, und zum anderen dominiert bei alledem ja doch die Effekthascherei und darin unterscheidet sich Bodrow auch als russischer Filmemacher von einigem Ruf leider nur wenig von seinen westlichen Kollegen, die alles in allem wahrscheinlich kaum anders verfahren wären.

   Wir verfolgen das Leben des jungen Temudgin von der Kindheit bis zu dem Zeitpunkt, da er all seine Widersacher überwunden und sich zum ersten großen Herrscher der Mongolen mit Anspruch auf ein Weltreich aufgeschwungen hatte. Am Anfang wählt er als Neunjähriger seine zukünftige Braut aus, und bereits mit dieser Wahl tritt er in alle möglichen Fettnäpfchen, deren Nachwirkungen ihn noch lange beschäftigen werden. Immerhin hat er mit Borte auf rein menschlicher Ebene einen Glücksgriff getan, denn das zähe, starke, selbstbewusste Mädchen wird allen Hindernissen, Trennungen und Opfern zum Trotz zu ihm stehen, und am Schluss sehen wir sie vereint als glückliche Familie. Dazwischen gibt’s reichlich Verfolgung, Entführung, Tod und Rache, raue Sitten in der rauen Steppe und einen besten Freund, der wie so häufig mehr Probleme bereitet als der ärgste Feind. Den zunächst noch recht privaten, fast familiären Ton gibt Bodrow alsbald dran und wendet sich entschlossen der Breitwandaction zu, die er perfekt zu choreographieren weiß, die aber unsere Aufmerksamkeit zugunsten der menschlichen oder gar historischen Seite der Geschichte bindet. Die Schlachtenszenen sind wüst und ziemlich blutig, technisch auf absolut aktuellem Stand, was mir persönlich aber gar nichts bedeutet, und ich hätte viel lieber etwas mehr über den Menschen Temudgin erfahren, der hier immerhin als ein gerechter, großzügiger, in der Ausübung der von ihm geschaffenen Gesetze aber auch kompromissloser Khan auftritt und sich in vieler Hinsicht von seinen herrschsüchtigen, eitlen und barbarischen Vorgängern unterscheidet, denn ihm liegt zuallererst daran, die einzelnen Mongolenstämme zu einen, was auch immer das bedeuten haben mag.

 

   Unter dem Strich bleiben immerhin eine straffe Dramaturgie, eindrucksvoll fremde, starke Gesichter und Landschaftstableaus, die mit dem Begriff „überwältigend“ sicherlich korrekt beschreiben sind. Bodrow versteht sein Handwerk, und immerhin gelingt es, uns für zwei spannende Stunden intensiv in eine ziemlich weit entfernte Welt mitzunehmen, wenn man mich aber nach der Substanz des ganzen Spektakels fragen würde, müsste ich mit einer eher dürftigen Antwort aufwarten, denn viel mehr als große Bilder und etwas Pathos habe ich hier nicht gesehen. (12.8.)