Son of Rambow (Der Sohn von Rambow) von Garth Jennings. England, 2007. Bill Milner, Will Poulter, Ed Westwick, Jessica Stevenson, Jules Sitruk, Neil Dudgeon, Jessica Hynes

   Will und Lee Carter gehen in den frühen Achtzigern zusammen in eine Schule, damit hören ihre Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Will lebt in einer streng religiösen Familie, die offenbar die Werte und die Lebensweise aus dem vorletzten Jahrhundert konservieren will. Er ist brav, devot, still und das geborene Opfer. Lee Carter befindet sich auf der entgegengesetzten Seite der Opfer-Täter-Skala, ein unerschrockener und unverbesserlicher Radaubruder, vor dem nichts und niemand sicher ist und der ständiger Gast auf dem Flur vor dem Klassenraum oder gleich im Zimmer der Rektorin. Unter gänzlich verschiedenen Voraussetzungen treffen sie sich eines Tages draußen auf dem Flur: Der eine, weil er aus religiösen Gründen nicht am Multimediaunterricht teilnimmt, der andere, weil er mal wieder Mist gebaut hat. Und dennoch werden aus ihnen Freunde, Blutsbrüder und Partner beim Dreh von Lee Carters Film, denn der will mit der Kamera des Bruders seine eigene Version von „Rambo“ herstellen. Gefahren und Hindernisse sind mannigfaltig. Vor allem in Gestalt einer Gruppe französischer Austauschschüler, oder besser gesagt ihres Stars, der das Projekt an sich reißen und Lee Carter mit Hilfe des leicht beeinflussbaren Will verdrängen will. Die Freunde scheinen entzweit, doch am Ende, nachdem jeder für den anderen den Hals riskiert hat, raufen sie sich zusammen und bringen das Ding tatsächlich ins Kino.

   Garth Jennings hat schon mit seinem Douglas-Adams-Film unter Beweis gestellt, dass er ein feines Händchen für schrägen, skurrilen Humor hat, und dieses Händchen ist auch hier maßgeblich im Spiel und sorgt für einen rundum wunderschönen Film: Warmherzig, very British, witzig und auch mal traurig, einer jener schönen Filme über die Kindheit, die mir sehr am Herzen liegen, die gern auch mal ein wenig nostalgisch oder verklärt wirken, die aber so viel Herzblut und persönliches Anliegen der Autoren in sich bergen, dass mir solche Argumente in diesem Fall gar nichts bedeuten.

 

   Hier geht’s um die Achtziger, und es war sicherlich eine besondere Prüfung, in den Achtzigern aufwachsen zu müssen: Die Testosteronfraktion himmelte Sly Stallone an, die Mädels hockten höchst befremdet daneben und wussten mit diesem Neandertaler vermutlich nichts anzufangen, die Menschheit brezelte sich auf mit bunten Popperklamotten, kitschiger Haartolle und zappelte zu einer Musik, mit der ich mich auch nach zwanzig Jahren und mehr nicht anfreunden kann. Robert Smith und Konsorten verbreiteten neonkalte, gestelzte Schwermut, die Synthis patschten dazu, und so was war in der Ta nur mit Hilfe bewusstseinstrübender Substanzen zu ertragen. Für Will und Lee Carter ist die Welt der Oberstufentypen allerdings auch noch fremdes, unbegreifliches Terrain, und der falsche Glamour des französischen Gockels, der für einige Wochen die braven englischen Uniformträger in Atem hält, stellt eine große Bedrohung für ihre im Grunde simple Jungenwelt dar, sodass der Geschichte im zweiten Teil zwangsläufig der zauberhafte Slapstick ausgetrieben wird, und in diesem zweiten Teil, in dem die dramatischen Verwicklungen kurzzeitig überhand zu nehmen drohen, zündet auch nicht mehr jeder Gag so hundertprozentig wie im ersten, doch am Ende kriegt Jennings wieder die Kurve und lässt die Turbulenzen in ein schönes und gottlob nicht übermäßig bombastisches Finale münden, in dem nicht nur die beiden Blutsbrüder wieder zueinander finden, sondern auch Lee Carter und sein Bruder, und in dem Wills Mutter es endlich schafft, sich von der Tyrannei der fürchterlichen Bruderschaft zu emanzipieren, nicht zuletzt um den Kindern ein „normales“ Leben zu ermöglichen. Die verschiedenen Nebenschauplätze werden locker in die Story integriert, überladen wirkt der Film auf mich jedenfalls nie, und am besten ist er natürlich dann, wenn die Jungs ihrer Phantasie freien Lauf lassen und mit schöner Regelmäßigkeit die Kontrolle über ihre Versuchsanordnungen verlieren (Stichwort „fliegender Hund“). Dazu gibt’s noch ein paar nette Bonbons für uns Altenpfleger, ein paar Szenen mit dem echten, unglaublich tumben und blöden Rambo und reichlich Zeitkolorit mit viel Gefühl für das rechte Maß an Übertreibung. Kurz: Ein großer, feiner Spaß für die ganze Familie und eine Fortsetzung der großen Tradition, die ja vor allem in Skandinavien, aber durchaus auch in Britannien beheimatet ist und die zu meiner großen Freude immer wieder fortgeführt wird. (26.8.)