Dialogue avec mon jardinier (Dialog mit meinem Gärtner) von Jean Becker. Frankreich, 2007. Daniel Auteuil, Jean-Pierre Darroussin, Alexia Barlier, Hiam Abbass, Fanny Cottencon, Elodie Navarre, Roger van Hool
Und gleich hintendran der prompte Beweis, dass die Franzosen das doch eigentlich so gut können - leicht und dennoch nicht seicht sein. Eine ganz einfache Geschichte von den ganz einfachen Dingen des Lebens, höchst elementar natürlich, wieder ein Zweipersonenstück mit etwas Beiwerk, wieder ein Glanzstück großer Schauspielkunst, und verglichen mit dem Film oben meiner Meinung nach ungleich gehaltvoller und befriedigender.
Es treffen aufeinander zwei alte Schulfreunde, damals ein unschlagbares, gefürchtetes Team, dann nach einem letzten spektakulären Streich (explodierende Sahnetorte) getrennt und fortan, vor allem bedingt durch denkbar unterschiedliche familiäre Voraussetzungen, auf sehr verschiedenen Lebensbahnen laufend. Der eine, bodenständig und solide, bleibt am Ort, wird Bahnarbeiter, heiratet eine Frau aus Algerien und fährt mit ihr siebenbundzwanzig Jahre lang Sommer für Sommer nach Nizza und mit den Kollegen Jahr für Jahr ein Wochenende mit dem Bus an den gleichen Ort. Erst nach seiner Pensionierung kann er seiner eigentlichen Berufung frönen und als Gärtner arbeiten. Als solcher wird er vom Maler angeheuert, der das Leben in Paris satt hat, in Scheidung lebt und zurück will in seine Heimat in den Süden, aufs Land, an die Wurzeln, um wieder mehr zu sich zu finden. Diese beiden im Grunde recht verschiedenen Männer nehmen ihre alte Freundschaft wieder auf und vertiefen sie in langen, launigen Gesprächen, in denen auch der eher egozentrische Maler lernt, mehr von sich preiszugeben und sich wieder Dingen zuzuwenden, die vielleicht wichtiger sind als vieles, mit dem er sich lange herumgeschlagen hat. Der Gärtner wird schwer krank, kann nicht mehr operiert werden und stirbt kurz darauf, und der Maler widmet ihm eine ganze Ausstellung mit sogenannten „einfachen“ Motiven, so wie er es sich vor seinem Tod gewünscht hat.
Wie gesagt ein einfacher Film – die Freundschaft, das Essen, die Natur, die Liebe und was man aus dem Leben gemacht hat. Der eine ist weit herumgekommen, doch würde seine Bilanz unter dem Strich vermutlich nicht so erfüllt und zufrieden sein wie die des Gärtners, dessen einziger wirklicher Gram darin liegt, dass er so viele Jahre bei der Bahn verschwendet hat, statt sich gleich seiner wahren Passion zu widmen. Trotz all der Zwänge, denen er sich zu beugen hatte, scheint er am Ende sehr viel mehr mit sich im Reinen zu sein als der Künstler, dem zumeist ale Türen offen standen und der nun merkt, dass ihm das entwurzelte Dasein in der entrückten Pariser Kulturszene nicht mehr genug gibt und er sich mehr auf seine Herkunft und sich selbst besinnen muss. Diese Konstellation ist nicht gerade neu und im Film auch sehr früh absehbar, ebenso wie die Tatsache, dass der einfache Gartenbauer dem vermurkstem Pinselhuber den Blick für die wirklich wichtigen und elementaren Werte des Leben neu eröffnen und ihn zu mehr Demut bewegen wird. Alles lieb und nett, vielleicht nicht gerade die Botschaft, die mich brennend bewegt, doch hat Jean Becker dieses Männerduo mit weiblicher Umrandung dermaßen charmant und witzig in Szene gesetzt, dass ich ungeachtet aller Stereotypen sehr amüsiert zugesehen und mich keine Minute gelangweilt habe. Die herrlich warmen, sonnendurchfluteten Bilder aus dem Süden bilden einen passend bukolischen Hintergrund für die wortreichen Aufeinandertreffen der beiden, und obwohl fast dauernd gequatscht wird, habe ich zumindest keinen Verdruss darüber empfunden, weil die Dialoge außerordentlich gut geschrieben sind, pointiert, schlagfertig und komisch, und zu alledem wird auch beim traurigen Schluss jedes Pathos sorgsam vermieden – der Ton bleibt dezent, unaufdringlich, Emotionen werden nicht zu dick aufgetragen, sondern stellen sich von selbst ein, so wie wirklich gute Regisseure das eben fertig bringen. Dazu kommt natürlich, dass Auteuil und Darroussin selbst mit viel Schwung und Spaß bei der Sache sind und der Zuschauer das auch mitkriegt, was den Unterhaltungswert dauerhaft hochhält. Meinetwegen ist dies auch ein „Wohlfühlfilm“ (ächz!), aber diesmal wieder einer, bei dem ich mich tatsächlich wohlgefühlt habe und zwar auf eine ganz unseifige, angenehme, selbstverständliche Art, und dann lasse ich mir so was auch gern gefallen. (6.1.)