Bikur ha-tizmoret (Die Band von nebenan) von Eran Kolirin. Israel, 2007. Sasson Gabai, Ronit Elkabetz, Khalifa Natour, Shlomi Avraham, Rubi Moscovich, Gavriel Ayrum, Imad Jabarin
Was passiert, wenn die Polizeibigband aus Alexandria zur Einweihung eines arabischen Kulturzentrums im feindlichen Nachbarland aufspielen soll, sich aber leider so verfranst, dass sie schließlich mitten im Wüstenniemandsland aufschlägt, dort eine Nacht totschlagen muss und zu diesem Zweck unerwarteten und geplanten Nahkontakt zur israelischen Bevölkerung aufnimmt? Zumindest hat man manchmal den Eindruck, als habe der gute Aki Kaurismäki auf seine alten Tage die Zelte im heiligen Land aufgebaut, denn auf seine spartanische, lakonische Art (gerade mal achtzig Minuten Spielzeit zudem!) erinnert vieles in diesem, Film an die Werke des wortkargen Finnen, gerade auch die Mischung aus tiefgehenden menschlichen Momenten und cool-absurdem Humor. Allein der Anblick der Bandmitglieder, wie sie da völlig verlassen in der israelischen Wüste herumstehen – um Würde und Haltung bemüht in ihren komischen hellblauen Uniformen, und dabei völlig verunsichert und verängstigt. Ihr Chef Tewfiq ist der Prototyp: Steif, korrekt, umständlich, ein Beamter und Bürokrat, so scheint es jedenfalls, der auf gar keinen Fall vor hat, sich irgendwie mit den Israelis einzulassen, und als er dann ausgerechnet in der Wohnung der attraktiven Wirtin Dinah landet und sie ihrerseits sich alles andere als distanziert oder gar feindselig verhält, wird seine Fassade auf eine gehörige Probe gestellt. Auf unterschiedliche Weise machen die Musiker Bekanntschaft mit einem Ausschnitt aus israelischem Privatleben und stellen fest, dass es haargenau das gleiche ist wie ägyptisches Privatleben, weswegen sich fast automatisch Sympathie und Solidarität einstellen, auch wenn das grundsätzlich Fremde vielleicht bleiben wird. Tewfiq lernt, etwas mehr als gewohnt von sich preiszugeben und lange nach dem Tod seiner Frau vielleicht auch mal wieder Gefühle für jemand anderen zu entwickeln, auch wenn er hier zu spät kommt - Dina schläft mit seinem attraktiven Geiger, obwohl wir sicher sein können, dass sie eigentlich Tewfiq gewollt hätte. Am Schluss sieht man die Band beim Konzert und erlebt einen verwandelten Tewfiq, der in der Musik aufgeht und endlich auch aus sich herausgehen kann.
Obwohl gar nicht so viel gesagt wird, ist dies doch eine zum Teil sehr komische und ironische, aber im Kern durchaus ernst gemeinte Reflektion über nur scheinbar unüberbrückbare kulturelle und politische Differenzen, die auf der ganz simplen menschlichen Ebene plötzlich nichtig werden, wenn die Beteiligten erkennen, dass Liebe und Frust, Langeweile und Sehnsucht in jeder Sprache und in jedem Land ähnlich sind und keiner Übersetzung bedürfen. Zu keiner Zeit kommt es hier zu expliziten Feindseligkeiten zwischen Israelis und Ägyptern, und obwohl man sich gegenseitig sehr vorsichtig und reserviert gegenübertritt, siegt doch das Gebot der Gastfreundschaft und der Höflichkeit über die Zwänge der großen Politik. Es gibt ein paar Momente, in denen man ein wenig den Atem anhält, ganz so wie die Beteiligten, und in denen eine Eskalation durchaus möglich wäre (die von zwei Männern belagerte Telefonzelle etwa), doch es kommt nicht dazu, es siegt die Vernunft, der Wille zum friedvollen Miteinander oder ganz einfach das Phlegma, der Mangel an aggressiver Energie, das die beiden Kerle davon abhält, aufeinander loszugehen. Man wünscht sich dann, dass es gerade zwischen diesen beiden Völkern häufiger so ausgegangen wäre!
Trotz des äußerst kargen optischen Rahmens, der die Ödnis des Ortes selten eindrücklich einzufangen vermag, gibt es poetische, melancholische, zärtliche Momente, nur nicht in einer Weise, die sich aufdrängt oder mit großem Getöse daherkommt. Kaurismäki hat beispielhaft vorgeführt, dass auch trostlose Schauplätze ihre ganz eigene Faszination entfalten können, und gleiches gelingt auch hier Eran Kolirin, der mit Gefühl und sehr präzisem Timing inszeniert und sehr darauf achtet, dass seine Botschaft nie zu gefällig und anbiedernd wird, sondern dass der grundsätzlich sperrige, eigenwillige Eindruck überwiegt. Meiner Meinung nach lohnt es sich immer sehr, Filme aus dieser Gegend zu sehen, und der hier macht keine Ausnahme. (15.2.)