Eine Liebesgeschichte aus Hamburg kurz vor Kriegsende. Die Front bricht überall zusammen, man sehnt das Ende herbei. In einer Kinoschlange lernt Lena, deren Mann und Sohn beide noch im Krieg sind, den jungen Mariensoldaten Hermann kennen, der eigentlich auf dem Weg zu seinem neuen Kommando ist. Die beiden verlieben sich und Hermann bleibt, mit größter Vorsicht versteckt vor den neugierigen Nachbarn, die ihn sofort denunzieren würden. Lena erfährt an ihrem Arbeitsplatz, der Kantine einer Behörde, von Hitlers Tod und weiß, dass das Kriegsende nahe ist. Dennoch hält sie Hermann weiter versteckt, lässt ihn im Unklaren über die Ereignisse und bringt ihm auch keine Zeitungen mit. Sie weiß wohl, dass auch er nicht mit offenen Karten spielt, denn wie wir später erfahren, ist er liiert und wird bald ein Kind haben. Er wird jedoch immer unruhiger, und irgendwann sieht Lena ein, dass sie die Lügerei nicht länger durchhalten kann und lässt ihn ziehen, Jahre später sehen sie sich wieder – sie hat mittlerweile einen Imbisstand eröffnet und verkauft besonders die Currywurst gut, die sie durch einen Zufall ganz nebenbei erfunden hat.
Statt eines großen Melodrams mit teurer Ausstattung ist dies ein kleiner, privater Film, der auf großes Pathos und opulente Kulissen verzichtet. Damit passt er sich weitgehend Lenas Haltung ein – eine pragmatische, gestandene Frau vermutlich in den mittleren Vierzigern, die sich zwar noch Träume und Sehnsüchte erlaubt und auch den Mut und die Konsequenz besitzt, sie auszuleben, auch wenn das alles andere als ungefährlich ist, die aber auch abgeklärt genug ist um zu wissen, dass sie Hermann sowieso nicht für immer halten kann, und so genießt sie ihre Liebe, solange es geht, und kann dann auch loslassen. Genauso kurz entschlossen setzt sie ihren Mann auf die Strasse, einen Abenteurer und Windhund, der eines Tages aus dem Osten zurückkommt, und dessen Mauscheleien sie nicht länger ertragen will. Die Kriegsjahre haben sie eindeutig gelehrt, dass das Leben zu kurz ist, um kostbare Zeit zu vergeuden. Zielstrebig schnappt sie sich also den knackigen Hermann, zielstrebig geht sie aufs Wesentliche los (ungenierter Genuss auf der Matratze), cool lässt sie ihren aufdringlichen Nachbarn abblitzen, einen hundertprozentigen Nazi, der überall schnüffelt und horcht, und zielstrebig geht sie letztlich ihren Weg, nachdem sie aus der Kantine gefeuert wurde und sich im Nachkriegshamburg neu orientieren muss. Ein Zufall hilft ihr auf die Sprünge - eine zerbrochene Ketchupflasche, deren Inhalt sich mit einem ebenfalls kaputten Curryfass mischt, und schon ist die Idee zu einem neuen Dressing geboren.
Mit dieser Figur erweisen Autor und Regisseurin der Nachkriegsfrau an sich eine schöne, eindrucksvolle Hommage, dekorieren sparsam eins, zwei Straßenzüge, halten sich mit Effekten total zurück und schaffen die stimmige Atmosphäre eher aus den Figuren selbst, ihrer Sehnsucht nach Frieden, ihrer Angst vor der ungewissen Zukunft, vor dem Schicksal ihrer Männer und Söhne draußen an der Front, auch vor dem Leben mit den Briten, die Hamburg kampflos einnehmen, ihrer Entschlossenheit, auf jeden Fall zu überleben und weiterzumachen, auch wenn dazu kleine und größere Lügen notwendig sind. Die Menschen stehen jeder für sich, sie alle haben ihre Erfahrungen gemacht, vieles daraus gelernt, vor gelernt, wie man zurechtkommt, wie man aushält bis zum baldigen Ende der Naziherrschaft, und weder Lena noch Hermann geben irgendeine Grund zu Verurteilungen. Die Erzählhaltung ist ebenso dezent wie eindeutig auf Seiten der Protagonisten, hier liegt sozusagen in der Ruhe die Kraft. Eindrucksvoll und lakonisch ist die Szene, in der Lena und ihr Kollege der Koch im Radio von Hitlers Tod erfahren. Spontan und ohne Worte umarmen sich die beiden, und in dieser kurzen, knappen Geste liegt alles, was dieses Ereignis für sie und alle anderen bedeutet. Von dieser Qualität sind einige Szenen hier, und wenn es manchmal vielleicht ein wenig zu betulich und inszenatorisch zu gediegen zugeht, überzeugt der Film im Ganzen durch seine einfache, unprätentiöse und schöne Geschichte und die sorgfältige Präsentation der wenigen Hauptfiguren. Außerdem gibt er nach längerer Zeit mal wieder Gelegenheit, die Kunst der großartigen Barbara Sukowa zu bewundern, die die Lena sichtlich mit vollem Einsatz und Engagement verkörpert und nachdrücklich demonstriert, dass sie nichts von ihrer Klasse verloren hat, und die Tatsache, dass sie vermutlich fünfzehn Jahre zu alt für ihre Rolle ist, fällt zu keiner Zeit negativ auf, obwohl man sich ihr durchaus bewusst ist. Insgesamt kein sonderlich auffallender oder aufregender Film, aber einer, der in seiner sorgfältigen, differenzierten Gestaltung seine Stärken hat, und das ist ja auch nicht zu verachten. (24.9.)