Elegy (#) von Isabel Coixet. Kanada/USA, 2007. Ben Kingsley, Penélope Cruz, Patricia Clarkson, Peter Sarsgaard, Dennis Hopper
Man nehme einen alternden New Yorker Intellektuellen (möglichst natürlich einen Literaturprofessor), der sich ständig nur noch Sorgen darüber macht, ob er beim weiblichen Geschlecht noch so gut ankommt wie einst. Man nehme weiterhin einen anderen alternden New Yorker Intellektuellen (gern einen Schriftsteller), mit dem der erste im Squash Court, in der Kneipe und sonstwo Gespräche über junge Frauen, Beziehungen und Sex führen kann (auf geistig hohem Niveau, versteht sich). Man nehme dann eine junge, sehr schöne Studentin, der der erste alternde Intellektuelle mit Haut und Haaren verfällt, nicht ohne sich natürlich fortlaufend Gedanken darüber zu machen, wie stark er sich nun in dieser Affäre engagieren soll. Zuerst geht’s ihm ganz schlicht ums Vögeln, dann aber wird mehr daraus, eine Art Besessenheit, er reagiert unsicher, panisch, eifersüchtig, sie ist die Stärkere, will sich fest binden, er windet sich, weicht aus, zieht sich zurück und so weiter, dann stellt sie Forderungen, will ihn dazu bringen, sich zu bekennen und er enttäuscht sie und es kommt zum Bruch. Jahre später ist sie an Krebs erkrankt und kommt zu ihm zurück, und er kann, jetzt da er sie dort hat, wo er sie immer haben wollte, endlich der Starke sein und nach der Brustamputation an ihrem Bett sitzen.
Alles über männliche Feigheit und Selbstsucht, über den ewigen Macho, der kein Deut besser dadurch wird, dass er sein Handeln vermeintlich reflektieren kann, und alles schon x-mal gesehen. Der alte Macho und die junge Schöne, er glaubt, ihr etwas beibringen zu können, dabei lernt er pausenlos, und als er merkt, dass er plötzlich Verantwortung übernehmen soll, tritt er hastig den Rückzug an, ironisch begleitet und angestachelt durch seinen Freund, der zwar verheiratet ist, im Grunde aber genauso denkt und lebt wie der Professor. Ein typischer Philip-Roth-Stoff im New Yorker Schickeriamilieu, Sex und Selbstmitleid und Selbstironie vermischen sich, der Autor stellt uns frei, Vermutungen über seine Position anzustellen, wahrscheinlich findet er sich überall und nirgends wieder, und für manche macht genau das den Reiz seiner Bücher aus, zumal sie ja außerordentlich gekonnt geschrieben sind. Isabel Coixet kann sich als Frau, die zudem aus einer ganz anderen Welt stammt, auf solche Spielchen nicht einlassen, hat sich bei ihrer Umsetzung aber leider für sie uninteressanteste Variante entschieden, sie hat aus dem Stoff ein in jeder Hinsicht erlesenes und gediegenes Drama fabriziert. Erlesen die winterlichen Impressionen aus der Stadt und Umgebung, erlesen die Klavierstücke von Beethoven bis Satie, erlesen die Intimität der Erzählung, die gedämpfte Melancholie, die intensive Erotik der Liebesszenen, erlesen die bis ins Detail geschliffenen Dialoge, die der Buchvorlage tatsächlich würdig sind. Alles so erlesen, dass Überraschungen ausgeschlossen sind, dass die ganze Geschichte mehr oder weniger frühzeitig vom Zuschauer weiter erzählt werden kann, inklusive der zwischenmenschlichen Dimension, denn die liegt auch alsbald in allen Details offen zutage. Schauspielerisch ist der Film erstklassig, keine Frage, künstlerisch in jeder Hinsicht auch, und ich kann ganz und gar nicht sagen, dass ich ungern zugeschaut habe, nur finde ich doch, dass Coixet hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurückbleibt, wenn ich sie an ihren beiden früheren Filmen messen soll. Das Erlesene, Gediegene der Fassade kann nämlich die Oberflächlichkeit der Geschichte nur unvollkommen verbergen. Roths Machotum ist mir persönlich absolut nicht sympathisch (egal, wie ironisch er nun darüber herzieht), und für die Wehwehchen der New Yorker Intelligentsia habe ich mich schon bei Woody Allen nur bedingt interessiert, und wenn dann zum Schluss auch noch Krebs ins Spiel kommt, ist mir das des Guten doch zuviel und kann höchstens als perverser oder noch ironischerer Plot Twist verstanden werden. Wenn gepflegt gestutzte Graubärte über die offene und verborgene Schönheit von Frauen sinnieren, wird mir immer etwas unwohl, wahrscheinlich weil ich mir meine eigenen Machoanteile nicht zugestehen will oder so. Kingsley und Hopper sind zusammen natürlich sehr vergnüglich und charismatisch (Kingsley ist ja sowieso immer ein toller Schauspieler), ebenso wie Penélope Cruz ein bestechender Anblick ist (dazu müsste sie noch nicht mal soviel Haut herzeigen wie diesmal), doch im Ganzen vermisse ich eine Regisseurin mit mehr Eigenständigkeit und Ausdruck, denn nur Elegie ist in diesem Fall ein bisserl wenig. (26.8.)