Meduzot (Jellyfish – Vom Meer getragen) von Etgar Keret und Shira Geffen. Israel/Frankreich, 2007. Sarah Adler, Zharira Charifai, Naama Nissim, Ma-nennita De Latorre, Ilanit Ben-Yaakov, Nikol Feidman, Gera Sandler, Shosha Goren, Noa Knoller
Drei Frauen in Tel Aviv, drei ineinander verschränkte Geschichten, die sich wie üblich in solchen Filmen irgendwo und irgendwann mal tangieren oder auch knapp überschneiden und auf ihre zart melancholische Art an das sanft ans Ufer schwappende Mittelmeer erinnern, das gelegentlich mal eine größere Rolle zu spielen hat.
Die erste, Keren, ist ganz frisch verheiratet, doch ihre sorgsamen Planungen werden Schritt für Schritt über den Haufen geworfen: Sie verknackst sich den Fuß, kann nicht mit dem Gatten in die Karibik jetten, landet stattdessen in einem hiesigen Hotelbunker, der wiederum einige Verdrießlichkeiten bereithält, und als sie endlich die ersehnten Hochzeitssuite mit Meerblick überlassen bekommen, begeht die großzügige Gönnerin prompt Selbstmord, was ja der Stimmung auch nicht gerade förderlich ist.
Die zweite, Batya, haust in einer lecken Bude, wird gerade von einem Mann verlassen, verliert ihren Job bei einem Catering Service, lernt dort aber eine Fotografin kennen, mit der sie sich anfreundet. Vorher schon begegnet ihr am Strand ein kleines Mädchen mit Schwimmreifen, das direkt aus dem Wasser entstiegen zu sein scheint. Das Mädchen spricht nicht, folgt ihr überall hin, und Batya will sie eigentlich irgendwo abgeben, entdeckt dann aber doch ein anderes Gefühl, und als die kleine plötzlich wieder verschwindet, sucht Batya sie verzweifelt.
Die dritte, Joy von den Philippinen, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und will das Geld offensichtlich für ihre Tochter daheim sparen. Sie nimmt verschiedene Pflegeaufträge an, hat dabei kein Glück, und auch die Mutter einer Schauspielerin, um die sie sich kümmern soll, verhält sich anfangs überaus abweisend und unkooperativ. Doch schließlich finden die beiden Frauen jenseits aller Verständigungsprobleme doch zusammen und können beide aus dieser Freundschaft schöpfen.
Auch wenn es zwischendurch mal etwas arg schwer und drückend wird und auf so engem Raum bemerkenswert viel existentielle Themen zur Sprache kommen, setzt sich am Schluss ein leise optimistischer Akzent durch, und sowieso verliert der Film niemals seinen sanften, verhangenen Erzählfluss, was ihn an sich schon attraktiv und sehenswert macht. Erinnerungsbilder von Kindheit und Verlust, Holocausteltern und die zweite Generation, Liebe, Eifersucht und Angst, die Einsamkeit in der Fremde und die Einsamkeit in der eigenen Stadt und dergleichen mehr werden zusammengerührt, manchmal wird man sich der Gewichtigkeit dieser Elemente auch bewusst, zumeist aber wird eine Balance gehalten aus Traurigkeit, Menschlichkeit, Liebe und Humor. Dass dabei durchaus nicht immer die Gesetze des Realen gelten und hier und da so etwas wie magischer Realismus und zauberhafte Poesie einfließen, erhöht den Reiz des Ganzen noch und macht daraus mehr als nur ein weiterer Schicksalsreigen aus der Großstadt. Die in vergleichbaren US-Produkten gern vorherrschende überfrachtete Emotionalität fehlt hier, es geht eher ruhig zu, mal verhalten, mal verschroben, und alles in allem erlaubt der Film auch mal einen ganz anderen Blick auf Israel, nämlich einen Blick jenseits der mörderischen Politik. Wenn dann jedoch die Mutter der Schauspielerin in Augenblicken der Ungeduld oder der Aufregung anfängt deutsch zu sprechen, wird einem jäh bewusst, dass in diesem Land nichts ohne eine zumeist bittere Geschichte im Hintergrund existiert und die Vergangenheit überall einen Schatten geworfen hat. Ein Verdienst der Regisseure/Autoren ist es zweifellos, dass dieser Aspekt den Film nicht bleischwer in den Abgrund zieht, sondern nur einer von vielen gleichberechtigten ist. Mir hat „Jellyfish“ jedenfalls sehr gut gefallen und ich freue mich sowieso über jeden Film aus dieser Ecke. (18.3.)