Juno (#) von Jason Reitman. USA/Kanada, 2007. Ellen Page, Michael Cera, Olivia Thirlby, Jennifer Garner, Jason Bateman, J.K. Simmons, Allison Janney
Juno MacGuff ist sechzehn und auch nach dem dritten Test noch schwanger - ein amerikanischer Kleinstadtteenie der unangepassten Sorte, hört die Stooges und Patti Smith, gibt sich betont cool und flapsig und schläft ein einziges Mal mit Bleeker, einem Typ aus der Schule, der meistens mit Schweißband und Trikot rumrennt und mit ihr in der Band Musik gemacht hat. Jetzt muss eine Lösung gefunden werden – von der bereits beschlossenen Abtreibung lässt sich Juno im letzten Moment abbringen, also heckt sie mit ihrer besten Freundin den Plan aus, Adoptiveltern aufzutun, weil sie selbst sich die Verantwortung für ein Kind nicht zutraut. Ein Musterehepaar mit brennendem Kinderwunsch wird tatsächlich gefunden, doch kriegt der Herr im letzten Moment kalte Füße und steigt aus, was die Frauen jedoch nicht daran hindert, den Deal durchzuziehen, und also wird Junos kleiner Sohn bei Vanessa aufwachsen, und Juno wird weiter machen mit der Schule und mit Bleeker und der Musik, jetzt wo sie den dicken Bauch endlich wieder losgeworden ist.
Nicht nur wegen der oscarnominierten Ellen Page, die ihren Part zugegeben hinreißend spielt, ist dies ein ganz bezaubernder US-Film, einer von der etwas alternativen Art abseits des breiten Pfades, so wie ich sie gern mag. Kein anonymes, austauschbares Großstadtding, sondern ein liebevoll und äußerst witzig entfaltetes Kleinstadtmilieu mit vielen schrulligen und liebenswerten Typen darin. Der rasante Wortwitz ist zwar schon ziemlich urban, doch Bilder, Rhythmus, Lebensgefühl und Tempo passen sich absolut dem Leben irgendwo ziemlich weit draußen an. New York wird zwar mal erwähnt, ist aber weit weg, die Uhren ticken ganz anders, und so kann ein Mädchen wie Juno nachts problemlos mit dem Fahrrad durch die Weltgeschichte kurven, ohne gleich ein halbes Dutzend mal geschändet zu werden. Der Umgang mit ihrer Schwangerschaft ist natürlich dementsprechend, wichtig ist aber, dass Juno auf ein paar Menschen zurückgreifen kann, die ihr Solidarität und Mut geben, vor allem Dad und die Stiefmutter springen über einige Schatten und machen sich für sie stark, während Bleeker, ganz nach Art unreifer Jungs, erst mal draußen vor ist und sie agieren lässt. Juno verbirgt hinter ihrer forschen, provozierend rotzigen und toughen Fassade natürlich ein ganz anderes Wesen, ein Mädchen zwischen den Stufen und den Stühlen, das aber immerhin so klar denken kann, dass eine Mutterrolle für sie zur Zeit nicht in Frage kommt. Indem sie sich zum ersten für das Leben des Kindes entscheidet, und zum zweiten dafür, es zur Adoption zu freizugeben und die Eltern selbst auszusuchen, übernimmt sie selbst allerdings enorm viel Verantwortung und zeigt, dass sehr viel mehr in ihr steckt als nur ein muffiger, sperriger Teenie. Sie lässt sich von Rückschlägen und in Momenten der Verzweiflung nicht von ihrem Weg abhalten, und kann schließlich von sich sagen, ihrem Kind die unter den gegebenen Umständen bestmögliche Zukunft verschafft zu haben.
Jason Reitman und die Drehbuchautorin haben genau den passenden Ton dafür gefunden, einerseits leicht, locker und mit Tempo, andererseits aber auch sehr einfühlsam und sensibel im Umgang mit den Personen, die mit deutlich spürbarer Liebe gezeichnet und gespielt werden. Ungewollte Schwangerschaft artet hier einmal nicht in ein schrilles TV-Drama aus, sondern wird zum Gegenstand einer durchgehend wunderbar komischen, charmanten und dabei niemals seichten Komödie, einer der schönsten der letzten Jahre, auf jedenfalls aus den Staaten. (2.4.)