Krabat von Marco Kreuzpaintner. BRD, 2008. David Kross, Daniel Brühl, Paula Kalenberg, Christian Redl, Robert Stadlober, Hanno Koffler, Charly Hübner, Moritz Grove, Tom Wlaschiha, Sven Hönig, Stefan Haschke, David Fischbach, Anna Thalbach

   Otfried Preußlers Roman, von seinen bekannten Romane sicherlich der am wenigsten für jüngere Kinder geeignete, ist eine einigermaßen komplexe Mischung aus Sage, Volksdichtung, Märchen und unheimlichen Hokuspokus, stark verwurzelt im Lokalkolorit der Lausitz, der Sprache und Kultur dort. Mal launischer Schwank, mal düstere Gruselmär und auf jeden Fall ein Buch, das so gar nicht in die frühen Siebziger zu passen scheint, in denen es erschien. Man kann also den Machern dieses Films vorhalten, sie hätten schöne und lieb gewonnene Erzählteile und Elemente aus dem Buch herausoperiert und die Geschichte reduziert auf ein optisch attraktives, inhaltlich jedoch eindimensionales Spektakel, und dieser Vorwurf hat wohl seine Berechtigung. Ausnahmsweise aber schließe ich mich dieser Kritik nicht an, sondern halte die Adaption in dieser Form durchaus für vertretbar und angemessen, denn vieles aus dem Roman lässt sich den Kids von heute einfach nicht mehr vermitteln, es würde total an ihnen vorbeigehen, und das sind sowieso diejenigen Elemente, die Preußlers Werk definitiv als ein Werk des geschriebenen Worts auszeichnen und sich niemals in Filmsprache umwandeln lassen. Otto Sander als sonorer Erzähler versucht zwar, ein wenig, das Flair einer alten Sage heraufzubeschwören, doch sind es sicherlich andere Prioritäten, die in dem Film gesetzt wurden, die dem ganzen Spektrum des Buches zwar nicht voll gerecht werden, aber durchaus für eine niveauvolle und gelungene Verfilmung sorgen.

   Das konkrete Setting der Lausitz fehlt, was in diesem Fall konsequent ist, weil sich der Film von der lokalen Einfärbung völlig löst. Es ist dies nunmehr eine Geschichte aus dem 30jährigen Krieg, die überall in Deutschland oder Europa spielen könnte, und in der erzählt wird, wie der Wanderjunge Krabat sich verlocken lässt, in der alten, geheimnisvollen Mühle als Lehrling anzufangen und sich gleichzeitig vom Meister in die Geheimnisse der dunklen Magie einweihen zu lassen. Der Sog des Bösen, die Faszination der Macht, der Zauberkräfte, wirkt so lange, bis Krabat sich in ein Mädchen verliebt und außerdem erkennt, dass der Meister ein Regime aus Terror, Unterdrückung und Tod errichtet hat, dem niemand entfliehen kann und dem pro Jahr ein Lehrling zum Opfer fällt, um dem Meister neue Jugend zu bringen. Krabat ist nicht der erste, der aufbegehrt, doch ist er derjenige, der Erfolg damit hat, doch nur mit Hilfe der anderen Lehrlinge und der Liebe des Mädchens Kantorka kann das alte Böse besiegt werden, und darum geht es hauptsächlich hier.

 

   In Anbetracht dieses etwas eingeschränkten Konzepts finde ich den Film ziemlich gut gelungen. Er ist sehr spannend und gradlinig erzählt, verdichtet die düstere, beklemmende Atmosphäre in der Mühle enorm effektvoll  und vermittelt ein eindrucksvolles Bild einer Zeit, die zwischen Pest und Krieg wahrhaft apokalyptische Dimensionen hatte und Leid und Verheerung über Land und Leute brachte. Die Lehrlinge in der Mühle sind genau wie der Meister selbst ein wenig fotogener, schicker Haufen sondern eine Sammlung verhärmter, gezeichneter Typen, die sich oft genug aus reiner Not von den Raben anlocken ließen und ansonsten nichts haben, keine Familie, kein Mädchen, keinen Besitz, und die so gesehen auch nichts zu verlieren haben, weshalb nur diejenigen gegen den Meister aufbegehren, die etwas haben, wofür es sich zu leben lohnte. Die ganze Effekthascherei ist mir nicht so wichtig und sie spielt auch gar keine so große Rolle, viel wichtiger ist das miteinander der Lehrlinge, die Mischung aus Angst, Konkurrenz, Neid und Misstrauen, vom Meister sorgsam geschürt, und nur gelegentlich ergeben sich Freundschaften, die sogleich mit allen Mitteln unterbunden werden. Magie und Zauberkraft haben hier nichts Positives oder Konstruktives, man weiß eigentlich gar nicht so genau, wozu der Meister sie einsetzt, außer um seine Macht zu erhalten. Einmal wird ein Dorf vor marodierenden Soldaten beschützt und das ist einer der wenigen Moment, in dem die Erzählung ihre klaustrophobische Perspektive verliert. Auf künstlerischer Ebene ist dies ein ziemlich professioneller und stark gestalteter Film, toll fotografiert und ausgestattet und von den hervorragend besetzten Darstellern ebenso hervorragend gespielt. Auch bekannte Gesichter wie Brühl oder Stadlober, diem an sonst in ganz anderem Kontext sieht, fügen sich hier bruchlos ein, während Christian Redl mit sichtlichem Behagen und grandioser Präsenz den ultimativen Bösewicht gibt. Actionfreaks kommen wider Erwarten kaum auf ihre Kosten, und mein Elfjähriger brummelte am Schluss ziemlich enttäuscht was von einem langweiligen Film, ich hingegen war eher positiv überrascht und finde, dass dies sehr gute, spannende und künstlerisch prima gelungene Unterhaltung ist, wie man sie in diesem Format aus deutschen Landen bislang eigentlich noch nicht zu sehen bekommen hat. Es geht doch – man muss sich nur trauen! (26.10.)