Michael Clayton (#) von Tony Gilroy. USA, 2007. George Clooney, Tilda Swinton, Tom Wilkinson, Sydney Pollack, Michael O’Keeffe, Robert Prescott

   Diese Art von Thriller, US-Kritiker sprechen seit den 70ern gern von “Paranoia-Thrillern”, hat eine schöne Tradition, und ich mag sie sehr, und „Michael Clayton“ mag ich deshalb auch, weil er eben diese Tradition bruchlos und respektvoll fortsetzt. Auf der einen Seite der große Konzern, die abstrakte, bedrohliche Allmacht mit ihren Schergen, Drahtziehern und einer Rücksichtslosigkeit, die vor einer Lappalie wie einem Menschenleben selbstverständlich niemals Halt machen würde. In diesem Fall ein Unternehmen, das mit Chemikalien viel Erfolg hat, nun aber einen Skandal vertuschen muss, denn es hat bereits Krebsopfer durch eines ihrer Produkte gegeben, und der Vertreter der prominenten New Yorker Kanzlei, die eigentlich die Interessen des Konzerns gegen die Schadenersatzansprüche der Kläger verteidigen soll, schießt just in diesem Moment quer und wechselt auf die andere Seite. Die Kanzlei will ihren besten „Ausputzer“ Michael Clayton schicken, um den Riss zu kitten, doch der Konzern selbst ist schon mit ein paar Finstermännern am Start und es kommt, wie es kommen muss. Auf der anderen Seite finden sich also ein paar wackere, oft ziemlich brüchige Helden, die sich häufig selbst lange prostituiert haben und nun doch einmal genug Integrität aufbringen, um gegen die Machenschaften der Mächtigen anzugehen, auch wenn es zumeist ein aussichtsloser Kampf ist. Zwei Möglichkeiten gibt es dann bezüglich des Ausgangs: Die Kleinen sterben und die Großen lässt man laufen oder umgekehrt. Da dies ein George-Clooney-Vehikel ist, durfte man im Voraus von letztgenannter Alternative ausgehen, und tatsächlich muss am Schluss der böse Konzern bluten und der George steigt in ein New Yorker Taxi und fährt einfach drauflos, wobei sich auf sein ernstes Gesicht schön langsam ein leises Lächeln stiehlt.

   Wie die besten dieser Filme hat auch dieser keine lauten Paukenschläge nötig, kein stumpfe Gewalt, keine dösige Action. Er lebt von den sorgsam arrangierten Charakteren, der clever aufgebauten Story, dem perfekten Timing, der effektvoll ominösen, bedrohlichen Atmosphäre und natürlich dem Charisma der Stars, wobei dort für mich vielleicht das einzige kleine Problem hier liegt. Denn so gern ich den Clooney eigentlich sehe, finde ich doch, dass man besser einen anderen Darsteller für den Clayton hätte wählen sollen. Clooney ist einfach zu smart und clever, zu glamourös und souverän, um einen Dreckwühler mit finanziellen Problemen, einem Vorleben als Spielsüchtiger und zahlreichen familiären Konflikten wirklich glaubhaft machen zu können. Er bemüht sich nach Kräften, etwas gedrückter und trüber dreinzublicken als gewöhnlich und auch seine Körpersprache defensiver anzulegen, doch ich habe immer noch einen cool und lässig daherflanierenden Danny Ocean vor Augen und finde, dass er zu solchen Rollen deutlich besser passt. Natürlich zieht er die Blicke auf sich, investiert seine Starpower sehr gewinnbringend und effektvoll, doch steht er als Protagonist auch so sehr im Vordergrund, dass solch großartige Leute wie Swinton oder Wilkinson viel weniger zum Zuge kommen als ich es mir erhofft hatte. Nicht dass Clooney unbedingt der schlechtere Schauspieler wäre, nur braucht ein Held im Genrekino immer die nötigen Gegengewichte, die Charakterköpfe, die sperrigen Sidekicks, und die sind hier ja auch toll angelegt, nur hätte ich mir für sie etwas mehr Raum gewünscht.

 

   Aber egal, das sind eigentlich eher marginale Einwände, denn im Grunde ist dies rundheraus solides, sehr spannendes und niveauvolles Entertainment der feinsten Hollywoodkategorie, und davon gibt es leider nie sehr viel pro Jahrgang. Drehbuch und Regie sind exzellent, die Produktion (da tummeln sich Namen wie Pollack, Soderbergh oder Minghella) vom Feinsten, Kamera und Musik erzeugen dezent aber umso wirkungsvoller dichte, intensive Spannung, und der kritische Geist hat’s halt gern auch mal etwas politisch oder sonstwie engagiert. Wenn sie ihre Mittel so sinnvoll und gut einsetzen wie hier, will man den Kommerzheinis auch nichts Böses nachsagen. Nur – sie tun’s halt nur so selten! (4.3.)