The Chronicles of Narnia: Prince Caspian (Prinz Kaspian von Narnia) von Andrew Adamson. USA, 2008. Ben Barnes, William Moseley, Anna Popplewell, Georgie Henley, Skandar Keynes, Sergio Castellitto, Peter Dinklage
Das zweite Disney-Epos um die vier britischen Geschwister, die mitten im zweiten Weltkrieg Fantasieabenteuer im Paralleluniversum von Narnia erleben. Fanden sie im ersten Teil mehr durch Zufall (sprich durch einen alten Wandschrank) den Zugang zu dem bedrohten Paradies und wurden nebenbei gleich zu Rettern und Königen, so erwarten sie diesmal ungeduldig ihren Einsatz und werden unversehens in ein düsteres Szenario hineingeworfen, das mehr als tausend Jahre später als ihre ersten Abenteuer angesiedelt ist und in dem die völlige Vernichtung der Narniakultur unmittelbar bevorsteht. Es gibt ganz wie in jedem zünftigen Märchen den bösen bösen König, der eigentlich gar nicht König sein sollte, den legitimen Prinz jedoch vermittels finsterer Ränke beseitigen lassen möchte. Der legitime Prinz wiederum ist ein schnieke aussehender Bursche, der mit seinem Horn eher ungewollt die vier alten Könige auf den Plan ruft und selbst nicht schlecht staunt, als da plötzlich vier Kinder vor ihm stehen. Eilig rafft man eine Armee zusammen, um die anrückenden Truppen des Bösewichts zu stellen, und mit vielen Opfern und noch mehr Tamtam wird dem Guten einmal mehr zum Sieg verholfen, nur wird unser Happy End durch ominöse Andeutungen am Schluss gestört, nachdem die beiden ältesten der Geschwister fortan in ihrer „wirklichen“ Welt leben und nur die zwei Jüngsten nach Narnia zurückkehren werden, doch was es damit auf sich hat, wird nicht weiter erklärt – obwohl es bei fast zweieinhalb Stunden Laufzeit auf die zwei Minuten nun wirklich nicht mehr angekommen wäre!
Schon der erste Film hat mich durch sein zunehmend lautstarkes Kriegsgedröhn genervt und mich schlussendlich fragen lassen, was zur Hölle den jugendlichen Zuschauern (denn mit dieser Zielgruppe wird ja wohl zunächst kalkuliert) damit eigentlich vermittelt werden soll – Krieg als brauchbares Mittel um Frieden zu schaffen? Krieg als kathartische Erfahrung? Krieg als Mittel zur Selbstfindung? Der Stoff, aus dem die Helden gemacht werden? Oder was??? Auf jeden Fall wird hier mit schöner Unausweichlichkeit und erschreckender Selbstverständlichkeit in die Schlacht gezogen, da gibt’s kein Zaudern und kein Zögern und erst recht kein Hinterfragen, und falls C.S. Lewis in seinen Romanen den Hintergrund des realen Krieges aus Kindersicht auf diese Weise verarbeitet hat, so wird von dieser Substanz rein gar nichts in den Film hinübergerettet.
Gleiches gilt auch für den zweiten Teil der Saga – nur in noch extremerem Maße. Fast ohne jede Exposition werden die Helden und wir ins düstere, reichlich gewalttätige Geschehen katapultiert, wieder geht es eigentlich von Anfang nur um Krieg als einzig folgerichtige und denkbare Form der Konfliktlösung, und wieder tummeln sich unsere Vier mit bemerkenswerter Gewandtheit in dieser martialischen Szenerie. Die großen Parolen fliegen uns nur so um die Ohren, die Digitalabteilung türmt mit kalter Routine pompöses Bildgut auf, gelegentlich gibt’s sogar mal eine unverfälschte neuseeländische Landschaft, nur eines gibt es ganz gewiss nicht in dem ganzen langen Film: Herz und Charakter. Gelegentliche Anflüge von Humor erhalten bei dem finsteren Kontext einen Beigeschmack unpassender Niedlichkeit, skurrile Details, für die im ersten Teil wenigstens ansatzweise noch Platz war, gehen gänzlich im Schlachtgedröhn unter, und die Figuren zeichnen sich durch einen fast völligen Mangel an Charakter und Tiefgang aus. Sie funktionieren fast wie Roboter, die Darsteller spielen leider fast auch so (vielleicht konnten sie auch gar nicht anders), des gibt einfach keine Zeit, um sie auch mal als Mensch oder als Kind zu zeigen und so etwas wie eine menschliche Regung äußern zu lassen. Dieser Aspekt hat mich mindestens genau so enttäuscht wie der geradezu fahrlässig unkritische und oberflächliche Umgang mit dem Thema Krieg und dem, was er anrichtet. Die Kids im Saal mampfen ihr Popcorn und grunzen frohgemut, wenn die Bösen dahingemetzelt werden, und um Gottes Willen soll ihnen nicht zugemutet werden, dass sie über irgendetwas vielleicht mal nachdenken. So funktionieren die meisten der aktuell sehr populären Fantasyfilme, und bei aller Liebe muss ich gestehen, dass Peter Jackson mit seiner Tolkientrilogie leider eine gewisse Vorreiterrolle einnimmt, auch wenn seine Filme ungleich mehr Verstand und Herz haben, als etwa dieser hier, der zudem einige Motive ganz platt vom Herrn der Ringe abkupfert.
Das war also nach dem ähnlich missratenen Goldenen Kompass auch wieder ein Schuss in den Ofen, und auch dies wird eine Serie sein, die ich wohl kaum weiter verfolgen werde. Soll mich nicht kratzen... (3.8.)