Shine a light (#) von Martin Scorsese. USA, 2007. The Rolling Stones plus Jack White, Buddy Guy, Christina Aguilera

   Ich bin kein Fan der Rolling Stones. Die haben ihre letzte wirklich gute Platte 1971 gemacht (davor waren sie natürlich klasse!), und alle hörenswerten Songs aus der Zeit danach ließen sich locker auf eine CD pressen. Heute nur noch geschäftstüchtige Veteranen aus der Stadionrockfraktion, eine gut vermarktete Institution, bewundernswert für ihre Ausdauer, sicher, aber sonst...?

   Ich bin auch kein Fan von Martin Scorsese. Der hat seinen letzten wirklich guten Film 1976 gemacht, danach noch zwei oder drei sehenswerte Dokus und sonst krausen, egozentrischen Krimskrams jedweden Genres, für mich bei aller Kunstfertigkeit und oft spektakulär aufgeblasener Dimension ohne großen Nährwert. Ein Starregisseur mit prominentem Namen, aber sonst...?

   Warum also sollte ich so bekloppt sein, mir einen Film von Martin Scorsese mit den Rolling Stones anschauen? Ganz einfach, weil ich Musik liebe und Kino liebe, und Kino über Musik natürlich erst recht, und weil es so was leider nur selten gibt, vergesse ich gern mal meine alten Aversionen und lasse mich zwei Stunden von einem Stoneskonzert in New York zudröhnen, lasse mich einfach gut unterhalten von routiniertem Rock’n Roll und einer sehr gekonnten Filmchoreographie. In den ersten fünf Minuten denkt man noch, ach du Scheiße, der Scorsese nimmt sich tatsächlich so wichtig, dass er am besten der fünfte Stones wäre und sich bei jeder Gelegenheit ins Bild schiebt, doch als Bill Clinton endlich die Bühne geräumt hat und die Musik losgeht, stellt sich der Filmemacher ganz in den Dienst der Sache, und siehe, er ist ja doch ein Könner des perfekten Schnitts, des perfekten Arrangements, und in diesem Fall soll mir das auch recht sein. Der Konzertsaal sieht zwar sehr skurril und altväterlich aus, und die auffallende Anhäufung viel zu junger und viel zu schöner Mädchen in der ersten Reihe ist nicht mehr als ein blöder Witz, aber irgendwie kommt doch etwas von der legendären Energie rüber, die die Stones bei ihren Konzerten angeblich verströmen. Das Qualitätsgefälle innerhalb der Songs ist natürlich sehr deutlich, und ebenso wenig lässt sich ignorieren, dass die Gastauftritte oben genannter Kollegen zu den unterhaltsamsten Momenten der Show gehören. Vor allem der alte Bluesmann Buddy Guy ist eine irre Nummer – er legt einen geilen Gitarrenjam mit Keith Richard und Ronnie Wood hin und singt den doofen Zappelopa Mick Jagger in zwei Strophen locker gegen die Wand. Aber selbst Jagger nötigt mir Respekt ab – er verausgabt sich unglaublich, hat als Mittsechziger einen Körper, der vermutlich jeden Teenie von heute vor Neid erblassen lässt und strahlt alles in allem die personifizierte Professionalität aus, während Richard eher für Soul und kauzigen Humor steht, auch wenn er offenbar nur ein einziges Gitarrensolo beherrscht (das gilt auch für den Ronnie). Und Charlie Watts ist noch immer der coolste aller Rockdrummer und mit Sicherheit einer der besten. Zusammengenommen zweieinhalb Jahrhunderte Rockgeschichte mit faszinierend faltigen Charakterköpfen – leider haben sie vergessen, rechtzeitig aufzuhören...

 

   Also was soll ich meckern, ich wusste ja genau, was ich bekommen würde, aber ich steh’ nun mal auf gute Konzertfilme, und unabhängig davon, was ich von den Stones oder dem Scorsese normalerweise halte, ist dies ein echt gut gemachter Konzertfilm, nicht mehr, aber auch nicht weniger. (24.4.)