Up! Up! To the sky von Hardy Sturm. BRD, 2007. Max Riemelt, Anneke Kim Sarnau, Katja Riemann, Armin Rohde, Stephan Kampwirth, Charly Hübner, Dietmar Mues
Der reichlich ungelenke Titel ist eigentlich das einzige, was mich an diesem Film stört, der auf eine ganz reizende Art und Weise aus der Zeit gefallen zu sein scheint – ein verträumtes, bukolisch-idyllisches, sonnenüberflutetes Deutschland zwischen Kornblumenfeldern, Kopfsteinplasterdörfchen und einer weiten wunderbaren Wasserlandschaft (die wenigen Szenen aus Hamburg scheinen geradezu aus einem anderen Universum zu kommen), dazu skurril alte Autos, ein ebenfalls zeitloses, verwirrendes Kostümgemisch und ein würdiges altes schlossähnliches Anwesen, das nun als Heim für Geisteskranke dient. Dorthin kommt eines Tages der junge Arnold, nachdem seine Flugversuche mit einem selbstgebastelten Apparat vom Scheunendach endgültig zu gefährlich geworden waren und er allgemein als Person nicht mehr tragbar ist. Seine Mutter verlor einst Arnolds Vater auf ähnliche Weise an den Traum vom Fliegen und die Sehnsucht nach den Sternen und sie weiß, dass sie den Lauf der Dinge nicht aufhalten können wird, denn Arnold ist fest entschlossen, dem bewunderten Vater, dem Idol und Himmelsforscher nachzueifern und ihn auf einem fernen Planeten wiederzutreffen, denn auf die Erde gehört er eigentlich gar nicht. Daran kann auch die Ärztin Wanda nichts ändern, die sich gegen besseres Wissen und ihr Berufsethos und den Willen des Verlobten in Arnold verliebt und selbst vor allem völlig überrumpelt ist von den körperlichen Sensationen, die allein seine Berührung in ihr anrichtet. Eine Zeitlang ringen alle Beteiligten ein wenig miteinander – der hartnäckige Jugendfreund von Arnolds Mutter ist auch immer mit dabei -, doch am Ende stehen sie alle am Rand der großen Klippe und sehen zu, wie Arnold abhebt und in den Sternenhimmel entschwindet.
Eine im wahrsten Sinne des Wortes zauberhafte Komödie, sehr sommerlich leicht und ganz ungeniert romantisch, und darin außerordentlich charmant, so charmant übrigens, dass man auch die chronischen Untiefen des Drehbuchs gern vergisst, denn bei Tageslicht und mit gebotener Nüchternheit betrachtet ist das alles natürlich höherer Blödsinn, doch nimmt sich der Film selbst niemals wirklich ernst, und die Mischung aus weltentrückter Poesie, zarter Liebesgeschichte und schrulligem Schelmenspiel ist äußerst schön und originell umgesetzt worden. Ganz bewusst, so scheint es, werden konkrete Zweit- und Ortsbezüge aufgehoben, diese Geschichte könnte sich überall und zu jeder Zeit zutragen, und das Personal, das diese leicht surreale Welt bevölkert, scheint sich ebenfalls mehr oder weniger vom Boden der harten Realität abgelöst zu haben. Besonders in Max Riemelts sehr schöner Darstellung kommt dieser Zug der schwebenden, durchscheinenden Existenz mit recht geringer Bodenhaftung gut zum Ausdruck, und er ist als Typ wunderbar gesetzt gegen Katja Riemanns handfeste, aber noch nicht resignierte Lebenserfahrung und Anneke Kim Sarnaus herbe, verunsicherte Sinnsuche. Neben diesen tollen Schauspielern sind natürlich die herrlichen Bilder hier die Attraktion (Sonne, Wasser, Wind und Kornfelder, was will man mehr...), und die sollte man schon auf der großen Leinwand genießen (nix mit „Kann man ja mal im Fernsehen gucken...“), jedenfalls wenn man zwischendurch auch mal Freude an rückhaltloser Idylle und ganz altmodischer versponnener Romantik hat. Hat an sich vielleicht nicht besonders viel Substanz, ist aber bestens geeignet für eine hundertminütige Flucht aus dem Alltag, und die sollte wohl mal erlaubt sein. Wofür ist denn bitteschön das Kino da... (16.4.)