Bienvenue chez les Ch’tis (Willkommen bei den Sch’tis) von Dany Boon. Frankreich, 2008. Kad Merad, Dany Boon, Zoé Félix, Anne Marivin, Philippe Duquesne
Lokale Komödien sind einerseits immer ein Problem, wenn es um die Synchronisation geht – es ist schier unmöglich, all die Feinheiten und vor allem die landestypischen Anspielungen in eine andere Sprache zu übersetzen, und meine Erfahrungen gerade mit deutscher Synchronisation in diesem Punkt sind eher niederschmetternd, denn zumeist artet das Ganze in hanebüchenen Klamauk aus, und so waren meine Erwartungen in diesem Punkt einigermaßen gemischt.
Andererseits sind lokale Komödien eine wunderbare Sache, ein kleines, sehr erbauliches Stückchen Landeskunde, denn gerade die Franzosen oder auch Italiener können sich ja auf unnachahmliche Weise gleichzeitig feiern und durch den Kakao ziehen. Und ich lerne sogar was, denn Teufel noch mal, von den Ch’tis hatte ich noch zuvor etwas gehört, und das wo ich durch das Departement Nord-Pas-De-Calais schon x-mal durchgefahren bin und sogar in Calais schon mal ein Hotel benutzt habe. Allerdings sind meine Eindrücke dieser Gegend entsprechend vage, denn auf den Pilgerfahrten in die ferne Bretagne ist dies nur eine weitere, zudem nächtliche Etappe, die überwunden werden muss, auf den ersten Blick eher unattraktiv, grau und wenig einladend mit alten, gammeligen Städten und herber Landschaft. Der Kinogänger assoziiert sie mit Bruno Dumonts grausam kompromisslosen Dramen, mit Tristesse und Schwermut, der drohenden Nachbarschaft zu Belgien, und wenn Jacques Brel sein „Avec la mer du nord...“ intoniert, so ist dies auf eine Art schon eine ganz passende Einstimmung.
M. Abrams ist Postbeamter und genießt mit Frau und Kind das dolce vita im sonnigen provençalischen Süden, drängt ungeduldig auf die Beförderung an die Côte d’Azur, dann aber wird ihm eine dreiste Lüge zum Verhängnis und er findet sich urplötzlich in den Norden versetzt, nach Bergues in den fernen, grauen, kalten, harten Norden, wo die Menschen früh sterben, wo alle in Kohleminen schuften und wo das Thermometer auch im Sommer nur knapp über die null Grad klettert. Abrams ist auf alles vorbereitet, er lässt die Familie zunächst zurück und stürzt sich todesverachtend ins Abenteuer, das schon damit beginnt, dass die Leute da oben eine völlig unverständliche Sprache sprechen und es eine Zeit dauert, bis eine geregelter Verständigung in Gang tritt. Wie es dann weitergeht, ahnt jeder, der die Gesetze der Komödie kennt: Abrams lernt Land und Leute kennen und lieben, es kommt zu einigen turbulenten Situationen, je stärker sich Abrams auch menschlich engagiert, es kommt zur Nord-Süd-Verbrüderung, doch eines Tages zieht die Familie dann doch wieder ab, weil Papa endlich in die Wärme versetzt wurde.
Substantiell betrachtet ist das Ganze sicherlich eher schlicht, aber es soll ja auch vornehmlich um den Spaß gehen und den gibt’s hier reichlich, denn die Macher dieses Film verstehen offenkundig ihr Handwerk bestens. Das Timing ist perfekt, die Gags wechseln sich ab zwischen eher sprachlichen und handfest physischen, und diese Mischung ist äußerst gut geglückt, vor allem in einigen langen Sequenzen, die eine einzige Ausgangssituation immer wieder steigern, zum Beispiel Abrams’ und Antoines feuchtfröhlichen Zug durch die Gemeinde oder das herrliche Schauspiel, das die Einheimischen für Abrams’ frisch angereiste Gattin aufführen, um möglichst sämtliche Klischees bezüglich der wilden Nordländer zu bestätigen. Kad Merad und Dany Boon erweisen sich als geniale Komödianten mit viel Spaß an der Sache, alle regionalen Stereotypen werden lustvoll ausgewalzt und veräppelt und trotz eines etwas rührseligen Ausklangs ist dies ein sehr charmanter, origineller Spaß, und ich kann schon verstehen, weshalb der Film in Frankreich so enorm gut angekommen ist. (7.11.)