2012 (#) von Roland Emmerich. USA, 2009. John Cusack, Chiwetel Ejiofor, Thandie Newton, Amanda Peet, Oliver Platt, Danny Glover

   Wie verbringt man also als Familienvater Mitte vierzig einen trüben, frühdunklen Novembersonntag? Man geht einfach mal mit, pfercht sich mit tausend anderen Leuten ins randvolle Kino (dritte Reihe von vorn, ganz außen), zieht sich vor der Pause einen Liter Popcorn rein und nach der Pause dann den zweiten, und versteht dann endlich, wozu eigentlich in einem Hundertvierzigminutenfilm überhaupt eine Pause nötig ist – gönnen wir den Multiplexbetreibern den Reibach in der Vorweihnachtszeit… Und wenn man wieder rauskommt, ist es fast acht Uhr und der Tatort steht vor der Tür, und dann ist Sonntag auch schon wieder rum.

   Über so was würde Kollege Emmerich nie einen Film machen. Kollege Emmerich macht stattdessen seit Jahr und Tag immer den gleichen Film, immer natürlich mit dem Ehrgeiz, das vorangegangene Werk an Monumentalität noch zu übertrumpfen. Damit dürfte er spätestens seit diesem neuen Modell Schwierigkeiten haben, doch noch gewaltiger, gigantischer, enormer, bombastischer lässt es sich kaum noch denken. Oder aber ich oute mich mal wieder als zaghafter Kleingeist und Spießer, und Kollege Emmerich hat den Masterplan längst in der Schublade. Er muss sich dann nur etwas sputen, denn wie wir hier lernen, geht’s dem blauen Planeten in gut drei Jahren endgültig an den Kragen, und nach all den Heimsuchungen, die er schon zu überstehen hatte und dank des beherzten Handelns der US-Boys auch überstanden hat, rollt nun endlich die eine finale Katastrophe heran, der laut Mayakalender aus 2012 bezifferte buchstäbliche Weltuntergang, gegen den selbst die US-Army machtlos ist, und die hat ja immerhin schon Godzilla, den Aliens, King Kong und anderen Zumutungen den Garaus gemacht. Sogar Mr. President himself muss diesmal dran glauben, doch das ist auch schon das Äußerste an Mut, das sich Emmerich gestattet, während er ansonsten hübsch brav im patriotischen Fahrwasser dümpelt und seine Helden hingebungsvoll leiden und weihevolle Appelle an die Menschlichkeit absondern lässt. Bei aller mittlerweile angesagten globalen Zusammenarbeit – die treibende Kraft sind und bleiben die Amis, und nur so lässt sich solch ein Produkt in großem Rahmen vermarkten. Emmerich weiß als geübter Spielleiter großkalibriger Spektakel, wie man den Adrenalinspiegel auch über fast zweieinhalb Stunden auf konstant hohem Niveau hält. Ich finde zwar, dass er sich vor allem im letzten Drittel etliche Längen leistet und die Dramaturgie im Ganzen alles andere als ein Meisterwerk ist, dennoch gibt’s natürlich genug Explosionen, Tsunamis, Vulkanausbrüche, Feuerstürme und andere Nettigkeiten, um zwölfjährigen Jungs (denn das ist seine Zielgruppe) den Mund offen stehen zu lassen, und für die Muttis gibt’s das menschliche Element in Form von Familienkitsch mit süßen Kindern und Hunden, die uns besonders innig mitfiebern lassen. Der Zweck der ganzen Veranstaltung ist klar – sinnfreies Entertainment, pures Hollywoodkintopp, und anders darf man an sowas auch nicht herangehen. Dennoch habe ich mich dabei ertappt, bedauert zu haben, dass Emmerich einzig interessanten Aspekt in diesem Unfug schon diskret unter den Teppich gekehrt hat – die Tatsache nämlich, dass die übrigen, für die Zucht nicht als interessant befundenen Milliarden zurückgelassen werden, damit die Auserwählten auf ihren Archen dem Unheil entkommen können. Hier hätten sich einige kritische Betrachtungen zu den Auswahlkriterien und dem ethischen Hintergrund der ganzen Aktion geradezu aufgedrängt, aber Kollege Emmerich ist eben ein Entertainer und kein Ethiker, so einfach ist das.

 

   So, das war der Sonntag, und ab morgen kann ich dann nach längerer Kinoabstinenz endlich wieder einen „ganz hohen Literaturfilm“ gucken (gut, dass es für sowas auch noch ein paar Nischen gibt!!!) (22.11.)