Appelsinpiken (Das Orangenmädchen) von Eva Dahr. Norwegen/Spanien/BRD, 2009. Mikkel Bratt Silset, Annie Dahr Nygaard, Harald Thompson Rosenstrøm, Rebekka Karijord, Emilie K. Beck, Tom Erik Solheim
Eine metaphysische Liebesgeschichte mit philosophischem Unterbau – so hätten sie’s vermutlich gern gehabt, die Leute, die Jostein Gaarders Populärroman zum Film ummodelten. Zu meinem nicht geringen Bedauern aber haben sie mal wieder nicht mehr als einen gefälligen, schön bebilderten und in der Essenz bedauerlich oberflächlichen Film zum Wohlfühlen fabriziert, der weit hinter seinem Anspruch zurückbleibt, obwohl ich den Verdacht habe, dass es auch um die Substanz des Romans nicht so toll bestellt sein wird.
Der Sohn bekommt zum sechszehnten Geburtstag von der Mutter drei Briefe des vor zehn Jahren plötzlich verstorbenen Vaters. Zuerst will er nichts mehr mir der ganzen Geschichte zu tun haben, dann aber vertieft er sich doch in die Briefe und erfährt, wie sich der Vater als junger Student unsterblich in das junge und rätselhafte Orangenmädchen verliebte, wie er dieser Liebe mit unbedingtem Willen nachlief und wie er das Orangenmädchen am Ende zu seiner Frau und Mutter seines Sohnes machte. Den baldigen Tod vor Augen gibt er seinem Sohn nun noch einige wichtige Lebensweisheiten mit auf den Weg, woraufhin dieser sich augenblicklich aufmacht und sich die süße Stella an Land zieht, an die er sich zuvor nicht so recht herangetraut hatte.
Nutze den Tag, lebe jeden Moment, als sei es dein letzter, solche und ähnliche Appelle will der Vater dem Sohn vermitteln, und es sind dies so althergebrachte und x-mal aufgewärmte Motive, dass es einer besonders spannenden oder originellen Verarbeitung bedurft hätte, um sie noch interessant zu machen. Dies ist der Regisseurin leider nicht geglückt. Der Film hat einige sehr intensive, zärtliche und poetische Momente, besticht durch schöne Landschaftsimpressionen und sehr sympathische Schauspieler, doch fehlt ihm jegliche innere Spannung. Die chronologisch ausgesplitterte Geschichte ist leicht vorhersehbar, vieles bleibt vage und unausgeformt, die Chemie zwischen den Personen wird in der Kürze der Zeit nicht ausreichend entwickelt, vor allem im letzten Drittel geht alles viel zu schnell, bis der Film ganz plötzlich zu Ende ist, und ich mich in vieler Hinsicht völlig in der Luft hängen gelassen gefühlt habe. Nun muss ja nicht immer alles rund und bis ins Letzte erklärt und durchleuchtet werden, doch fehlten mir hier im zwischenmenschlichen Bereich so viele Nuancen und Tiefen, dass ich beim besten Willen nur flüchtigen Kontakt zu den Figuren fand, was schon schade ist, denn potentiell hätte sich einiges daraus ergeben können. Stattdessen werden ein paar hübsche Impressionen, angereichert mit etwas zu aufdringlicher Popmusik und flachen Sentenzen aufgereiht, die ihre anfängliche Magie verlieren, als klar wird, dass nicht viel dahintersteckt und sich die Regisseurin auch nicht die nötige Zeit nehmen will, um ihre Personen in wirkliche Interaktion treten zu lassen. So ist dies nicht viel mehr als eine schön anzuschauende Nichtigkeit, immerhin aber mit einem wirklich absolut hinreißenden Orangenmädchen, das uns Jungs den einen oder anderen bezaubernden Moment beschert. (17.12.)