Der Knochenmann von Wolfgang Murnberger. Österreich, 2009. Josef Hader, Birgit Minichmayr, Josef Bierbichler, Simon Schwarz, Christoph Luser, Pia Herzegger, Ivan Shvedoff, Stipe Erceg 

   Okay, wir wissen, die Ösis haben einen Ruf zu verteidigen, und wir wissen, schwarz muss es sein, so schwarz wie bester Alpenkaffee, und wir ahnen auch, wenn unser Held Brenner die Sichere Großstadt verlässt und in der grenznahen Provinz strandet, eigentlich nur um die fälligen Raten für einen geleasten Wagen einzutreiben, dann wird sich daraus bald eine Geschichte entwickeln, die vermutlich keinen Sieger hat. Gut, Brenner lebt am Schluss und feiert das Wiedersehen mit Wien, aber er ist um einen Finger ärmer und eine unglückliche Liebesgeschichte reicher und auch um ein paar hautnahe Erfahrungen mit den menschlichen Abgründen. Hier geht’s um einen Familienbetrieb, einen Gasthof tief drunten unter der Autobahnbrücke, um den herrischen Papa, der die Nutten in Bratislava liebt, und eine besonders, weswegen eines schönen Abends ein Kerl aus einem Fenster auf die Straße knallt, und der Papa wird daraufhin erpresst, was dann zu weiteren Kalamitäten führt. Es geht auch um den schleimigen Sohn, der den Papa schließlich auch erpressen und den Gasthof von ihm haben will, und die fesche Schwiegertochter, in die der Brenner sich verguckt, und wegen der er sich auch tiefer in die Geschichte hineinziehen lässt. Dann kommt noch Brenners Spezi aus Wien hinzu und eine transsexuelle Kellnerin, und vor allem natürlich eine Knochenmühle im Keller in der hauseigenen Schlachterei, in der Stipe Erceg zu schmackhaftem Gulasch verarbeitet wird und in der noch so manch anderes unappetitliches Geschäft vonstatten geht.

 

   Wer also Freude an der typisch österreichischen Lust an der eigenen morbiden Verkommenheit findet, der wird hier absolut auf seine Kosten kommen. Ländliche Ödnis comme il faut, dazu die passenden holzig-derben Charaktere, ein bisschen Film Noir, ein bisschen Antiromantik und natürlich eine gehäufte Kelle bluttriefenden, allerdunkelsten Humors machen zusammengenommen eine Art von Vergnügen aus, das immer relativ ist und wirklich kein breites Publikum erreichen wird (und will). Der furchtbar gedehnte lokale Slang tut ebenso weh wie das Hacken der Messer und das Krachen der Mühle, und wenn der Sepp Bierbichler dann mit stoischer Wucht zu Werke geht, dann ist das schon ein Grusel erster Ordnung. Ich musste auch feststellen, dass mir der Hader zum ersten Mal als Darsteller so richtig zum Bewusstsein gekommen ist, denn bisher habe ich ihn eher als abstrakte Kunstfigur wahrgenommen, hier aber kann er starke Akzente setzen und spielt den Brenner eigentlich ganz toll und genauso gut wie seine professionellen Mitstreiter. Das Problem für mich ist hier eher das Drehbuch, das die Geschichte viel zu lang und zu gedehnt hinschleppt – volle zwei Stunden sind viel zu viel für dieses Szenarium, das sich irgendwann einfach erschöpft, das auch uns erschöpft, und ich zumindest verspürte nach etwa neunzig Minuten durchaus den Drang, dieses Milieu nun zu verlassen, woraus sich eine leichte Verdrießlichkeit und Ungeduld einstellte. Ein paar wohldosierte Straffungen hätten Wunder wirken und diesen Film um ein ganzes verbessern können. So ist eine streckenweise wirkungsvolle und abgründig witziger, streckenweise aber auch langatmige Horrorfarce daraus geworden die beweist, dass man so was nur in gewissen Dosierungen genießen kann, und dass die Grenzen zur Überdosis fließend sind. (24.2.)